Listlandgeschichten

Das Naturschutzgebiet Nord-Sylt zwischen Ökonomie, Ökologie und Strategie

Traute Hoffmann

 

Vorwort

LISTLAND: Licht und Lust schwingt in diesem Wort und auch Sturm und Freiheit.

Aus längst vergangenen Jahrhunderten steigen Bilder auf und berichten von jenen Leibeigenen, die, geflüchtet und von ihren Festlands-Herren verfolgt, das Listland er­reichten.

Sie wussten, dass sie »auf« List freie Menschen wurden, frei für immer und ewig. Von der drückenden Leibeigen­schaft befreit, konnten sie gehen, wohin sie wollten.

Angesichts der wandernden Sandberge prallten im List­ land Welten aufeinander: Jahrhundertelang praktiziertes, freiheitliches Denken und das Denken und Handeln auto­ritärer Herrscher und ihrer hierarchisch aufgebauten Bü­rokratien.

Gerade weil des Listland nicht nur in der Rechtsord­nung so etwas Besonderes war, wurde es beneidet, ge­schunden, geschändet und verleumdet.

Das vorliegende Bändchen dokumentiert und erzählt Ge­schichten des 20. Jahrhunderts, die zwar Tatsachen, aber eigentlich fast unglaubhaft sind.

Vielen Lister Bürgerinnen und Bürgern habe ich für das Gelingen dieser Dokumentation zu danken: Für die Über­lassung von Material, für die Mitteilung wichtiger und er­ hellender Fakten der Zeitgeschichte und für die Durch­sicht des Manuskriptes.

So wurden die Listlandgeschichten fast so etwas wie ein Gemeinschaftswerk des Dorfes und ein verspäteter Bei­trag zur Feier der 700 Jahre alten Freiheitsurkunde von Listum.

Geschichte im Galopp

Die strategische Bedeutung des Listlandes

Seit Jahrhunderten werden in Nord-Sylt »Schlachten« ge­schlagen: Lister waren meistens »Verlierer«.

Die erste »Schlacht«, die List in der Geschichte der neueren Zeit verloren hat, war eine »Schlacht« gegen die Nordsee.

Die inmitten der Dünen gelegene Ortschaft Listum ist 1362 während der Rungholtflut überflutet worden. Die nicht in der Manndränke umgekommenen Einwohner von Alt-List mussten in den Jahren danach den Wander­dünen weichen. Das Dorf wurde von den Sandmassen überweht.

Am 16. Mai 1644 bekriegten sich Holländer und Schweden auf der einen Seite und Dänen auf der anderen. Im Schutz der Lister Dünen hatte der dänische König seine auch für das Wattenmeer geeignete Flotte versteckt. Es kam im Li­ster Tief zu einer Seeschlacht, an der sich 26 schwedische und neun holländische Schiffe beteiligten. Sie wurden von den neun dänischen Schiffen unter Christian III. vernichtend geschlagen. Seither heißt der Königshafen »Königsha­fen«, besser gesagt, die Flurbezeichnung »Königshafen« wanderte vom Lister Tief in die flache Bucht.

Das Listland gehörte bis 1864 unmittelbar zum däni­schen Königreich, nicht zum Herzogtum Schleswig, wel­ches mit der dänischen Krone lediglich verbunden war. Bereits im Mittelalter war es ein Hafenstützpunkt der dä­nischen Könige.

In List galt Jütisches Recht. Im Gegensatz zu den anderen Orten der Insel gab es keine modifizierte Realteilung. Daher blieb das Listland erhalten und gehörte »ungeteilt« zum Osthof und Westhof.

1827 lebten in List 38 Einwohner. Es gab keine Straße, keine Bahn. Der sogenannte »Konfirmandenweg« führte über den harten Wattsand an der Blidselbucht über die Vogelkoje zur Inselmitte, zum Kirchdorf Keitum.

Mitte des 19. Jahrhunderts erschütterten die preußisch-dänischen Kriege die Region. Da spätestens nach der Schlacht im Königshafen 1644 die strategische Bedeutung Sylts und des natürlichen Hafens List für die Kontrolle der Deutschen Bucht durch die Militärs erkannt worden ist, gehörte Sylt und damit auch das unmittelbar der däni­schen Krone unterstellte Listland zur Kriegsbeute Preu­ßens.

Seit 1864 ist Sylt und das Listland gut preußisch.

Seit dem 16. Jahrhundert pflanzten die Lister Dünen­halm. Über ein Beschwerdeverfahren wegen angeblicher Ruinierung der Dünenpflanzungen im Jahre 1777 wird be­richtet.1 Mit der Festlegung der Wanderdünen gab es auch in Ostpreußen eine jahrhundertelange Tradition. Ost­preußische Fachleute wurden nach Sylt geschickt, um den Dünenbau systematisch vorwärts zu treiben. Strandhafer wurde verstärkt gepflanzt. Auch das Kiefernwäldchen in Klappholttal wurde angelegt.

Ab 1867 begann der Buhnenbau an der Westküste. Hier fehlten ostpreußische Erfahrungen. Man experimentierte zunächst mit Buhnen aus Holz, später wurden sie in Stein oder Eisen ausgeführt.

Die nächste große Erschließungsmaßnahme für Sylt war der Bau der Inselbahn. 1888 wurde die Strecke Munkmarsch-Westerland eröffnet. Westerland blühte als Kur­ort auf und die Anreise der Gäste über Hoyer-Schleuse mit Pferd und Wagen von Munkmarsch war sehr beschwerlich. Dem war durch den Bahnbau abzuhelfen.

1901 – dreizehn Jahre später – fuhr die Bahn bereits von Westerland nach Hörnum. Gebaut wurde die Strecke von der Hapag-Lloyd als Anschluß für die Dampferverbin­dung Hamburg-Hörnum. Im Jahre 1908 war das Streckennetz der Schmalspurbahn von 36,2 Kilometern voll ausge­baut und auch die Strecke Westerland-Kampen-List in Betrieb.

Der Jubel der Sylter war groß. Befriedigt stellte man fest, dass der Anschluss an moderne Zeiten erreicht war.

Gründerjahre. Ende des 19. Jahrhunderts streifte ein Hauch dieser »modernen« Zeiten auch die überwiegend von Schafzucht, Fischfang und Möweneiern lebenden Li­ster Bauern. Das Bankhaus Sigmund Friedberg, Berlin, gründete mit einem Stammkapital von einer Million Gold­mark eine Terrain- und Badegesellschaft Sylt-List GmbH. Peter Hansen Petersen, ein Lister Chronist, berichtet, dass in einem Prospekt ein Landareal von 1608 ha Dünenland und 186 bewohntes Marschland angeboten wurde. Als be­sonders augenfällige Vorzüge des Listlandes wurden in dem Prospekt aufgeführt:

»Die See bei List ist so tief, dass der Verkehr vom Fest­lande auf die Insel, völlig unbeeinflusst von Ebbe und Flut, jederzeit bewerkstelligt werden kann. Es ist daher anzu­nehmen, dass nach Einrichtung regelmäßiger Dampfer­linien nach List sich der ganze Verkehr vom Lande zu­ nächst dorthin wenden wird, dass selbst diejenigen, die nach Westerland wollen, den bedeutend schnelleren und zuverlässigeren Seeweg über List wählen werden und durch eine von List her zu erbauende Bahn ebenso schnell nach Westerland gelangen können, wie bisher.

Die Halbinsel Ellenbogen, auf welcher sich schon jetzt zwei Leuchttürme befinden, umschließt den großen Königshafen, der mit verhältnismäßig geringen Kosten zu einem vollkommen geschützten Handels- und Kriegsha­fen ersten Ranges umgeschaffen werden kann… Der Hauptschwerpunkt dürfte aber in dem sehr großen Ter­rainbesitz liegen.«2

Das Bankhaus zog sich zunächst wieder aus seinem »Spekulationsobjekt« zurück. Gerüchte wollten von dem beabsichtigten Bau eines Kriegshafens wissen. Vielleicht hatte der Rückzug des Bankhauses aber auch andere Gründe als die Gerüchte über den Kriegshafenbau, denn sicher wäre das finanzielle Risiko nicht unerheblich gewe­sen.

Ein Indiz für den realen Hintergrund der Kriegshafen­bauspekulation ist, dass sich in den Jahren nach dem In­krafttreten der Verfassung des Norddeutschen Bundes (1867) eine Verlagerung maritimer Aktivitäten der Bun­desmarine von der Ost- zur Nordsee vollzog. Es erfolgte eine Überführung der am Lande befindlichen Marineteile von Danzig nach Kiel. Der Bau des Kriegshafens in der Kieler Förde bei Ellerbeck wurde begonnen, der Kaiser-Wilhelm-Kanal (heute Nord-Ostsee-Kanal) wurde gebaut. 1869 erfolgte die Einweihung des neuen Marine­stützpunktes der Stadt Wilhelmshaven. 1871 wurden die Marinedepots in Stralsund und Geestemünde aufgelöst.3

Im militärgeschichtlichen Forschungsamt wird die Tir­pitzsche Flottenbaupolitik wie folgt analysiert: Sie muss wohl als ein »Musterbeispiel für die Generationen über­ dauernde prägende Kraft bestimmter Verhaltensmuster, Denkkategorien und Zielvorstellungen gelten … (eine) Analyse des Selbstverständnisses und des historischen Bewusstseins der deutschen Kriegsmarine hat gezeigt, in welch erstaunlichem Maße das historische Vorbild der kaiserlichen Marine das Denken der führenden Köpfe der deutschen Marine des Zweiten Weltkrieges beeinflusste, ja zum Teil mitbestimmt hat.«4

Diese Tradition hatte mit dem Jahre 1945 kaum oder nur vorübergehend ein abruptes Ende gefunden. Mit Sicherheit werden immer auch noch die strategischen, gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in der Gegen­wart von Kräften dieser Tradition mitbestimmt.

Rückblende in die Zeit nach der Jahrhundertwende: Je­denfalls kamen in der allgemeinen Sylter Modernismus­euphorie den Lister Bauernfamilien, den Listlandeignern, schließlich doch ernsthafte Bedenken. Am 2. September 1905 notierte Jes. H. Paulsen in seinem Tagebuch: »Bei Niels Diedrichsen traf ich die Herren Johann Jansen, Bankdirector A. Weibel aus Tondern, Rothschild von der Firma El. Kalmann in Hamburg, Doctor Liebke, Rechtsanwalt in Flensburg und Bankdirector Steensen aus Niebüll. An den Herren Kalmann oder Rothschild verkauften Niels Diedrichsen und ich unsere Besitzthümer auf List für je 200 000 Mark, wovon 50 000 Mark stehen bleiben als erstes Protokollat; 50 000 Mark nahmen wir in Antheil­ scheinen, und die letzten 100 000 Mark in Baargeld.« Am 3. September 1905 notierte er: »Nachmittags war Niels Diedrichsen nach Ellenbogen gefahren mit zwei Offizieren.« Am 13. September 1905 notierte er: »Nachmittags kam Meinert Matzen wieder hierher mit Johann Jansen und den zwei Vertretern des Bankhauses Siegmund Friedberg in Berlin N. W. 7, Neustädtische Kirchstraße 3. Die Vertreter waren Herr Adolf Tschammerhell und Herr Romeick aus Berlin. Diedrichsen wurden einig mit densel­ben um den Verkauf unserer beiderseitigen Besitze auf List für zusammen 385 000 Mark. Käufer hielt sich Bedenk­zeit vor bis zum 1. April 1906, dann soll entweder diese Kaufsumme voll ausgezahlt werden, oder falls der Kauf abgelehnt wird, als Reugeld 10 000 Mark.«

Am 5. April 1906 erhielt der Tagebuchschreiber mittags mit der Post von Johann Jansen in Westerland zwei Tausendmark-Scheine zugesandt »als Reugeld auf den rück­gängigen Handel auf Listland.«

Am 30. Januar 1908 notiert Paulsen: »Vormittags kamen Johann Jansen und der Zimmermeister Max Hansen aus Westerland hierher. Johann Jansen in Gemeinschaft mit dem Bankdirector A. Weibel in Tondern kauften meine und Niels Diedrichsen‘s Besitzthümer hier auf List für je 300 000 Mark… Der Käufer hat sich Bedenkzeit ausbe­dungen bis zum l. April 1908.«

1909 hatten Marineoffiziere »ganz geheim« das Listland intensiv erkundet und in ihrem, in der Untersuchung von Harald Voigt »Die Festung Sylt« abgedruckten Geheimbe­richt insbesondere auch auf die für militärische Zwecke geeignete und für den Fremdenverkehr geschaffene Infra­struktur, auf die die Militärs kostengünstig zurückgreifen könnten, hingewiesen. Im Jahre 1910, also nur zwei Jahre nach Fertigstellung der Inselbahn, klopften Militärs wie­derum bei den Listlandeignern an. Sie wollten Land kau­fen.

Listig meinten die Listlandeigner, dass sie durchaus be­reit wären, Land zu verkaufen, aber nur das gesamte Ge­biet von fast 2 000 ha und natürlich zu einem stolzen Preis. Die Militärs dankten. Viel Geld für »Ödland« mochten sie nun doch nicht ausgeben. Wie sollte man eine derartige Ausgabe im Reichstag vertreten, noch dazu in Friedenszeiten? Zumal ohnehin die Aufrüstungs- und Flottenpolitik im Reichstag umstritten war!

Ein »Sieg« der traditionellen bäuerlichen Lebensweise über militärische Begehrlichkeiten war die Episode aller­dings nicht. Dem Listland waren aber noch einige wenige Jahre trügerischer Ruhe beschieden.

Die Inselwacht

Der Chronist stellt fest: »Erst der Weltkrieg 1914/18 und die nachfolgende Zeit brachten für List eigenartige Wandlungen mit sich. Damit hörte der freie Verkehr nach List sowie das Badeleben auf. Besatzungstruppen (so wurde es vielfach empfunden d. V.) wurden bis zum Ellenbogen stationiert, Wohnbaracken und andere Wehrmachtanlagen (Reichswehranlagen d. V.) entstanden in dem weit­ räumigen Dünengelände vor List wie im Orte selbst, so zum Beispiel die Lager Klappholttal, List, Ellenbogen-Mitte und andere mehr, die heute zum Teil noch von der Großstadtjugend als Ferienlager benutzt werden. Die Leuchtfeuer auf dem Ellenbogen wurden mit Kriegsbeginn gelöscht und mit Ausguckposten besetzt. Reges Lagerleben herrschte dort. Geschützrohre starrten drohend auf die See hinaus.5

Je länger der Krieg andauerte, desto stärker wurde die Besetzung. Das Lagerleben bot diesen aber nur wenig Ab­wechslung. Sie hielten sich daher zumeist im Orte auf und unterhielten mit den Zivilisten ein kameradschaftliches Verhältnis.

List wurde zudem Marinestation (Marineflieger). Gewaltige Flughallen wuchsen aus dem Sandboden hervor. Andere Massivbauten der Marine veränderten das Ortsbild von Grund auf. Auch wurde List Kommandeursitz des Nordabschnitts der Inselbefestigung.

Nach dem Krieg wurde es wieder stiller in List. Die Besatzungstruppen waren abgezogen, die Holzbaracken und Befestigungsanlagen wurden zum größten Teil abgebrochen. Nur eine Marine-Nachrichtenstelle mit der Ne­benstelle Blidsel (Peilstelle), eine Festungsbau-Dienst­stelle mit Artillerie-Depot blieben bestehen, während die Flughallen die Deutsche Verkehrsfliegerschule mbH auf­nahmen, deren Aufgabe die Heranbildung von Piloten war. Zwei Flughallen, deren Gerippe noch stand, wurden ebenfalls abgebrochen. Der Badebetrieb indes setzte langsam wieder ein.«6 Soweit der Bericht des Chronisten.

In der Westerländer Kurzeitung von 1914 heißt es: »Ma­rine-Fliegerstation in List. Die Grundbesitzer von List verkaufen an den Marinefiskus ein Gelände für 10 000 Mark zur Erbauung einer Marine-Fliegerstation für Wasserflug­zeuge. Auf dem Grundstück sollen zwei Hallen, ein Schuppen und eine kleine Kaserne zur Unterbringung von sechs Offizieren und 40 Mann erbaut werden.« Die Arbeiten schritten »emsig« voran.7

Die in zwei Jahrzehnten immer wieder vorgetragenen Begehrlichkeiten der Militärs wurden 1914 erfüllt. Auf einer Fläche von 80 Hektar baute die Marine Bunker und Geschützstellungen in den Dünen. Den Listlandeignern wurde ein Nutzungsentgeld von 3 Pfennig je Quadratme­ter gezahlt. »Die Areale in Hafennähe, die das Kaiserreich von den Listland-Besitzern käuflich erworben hatte, wurden erst nach der Inflation bezahlt.«8

Der Versailler Friedensvertrag brachte den seit 1914 außerordentlich regen Flugbetrieb in List zum Erliegen. Die Militärluftfahrt wurde Deutschland überhaupt verboten, die zivile Luftfahrt auf ein Minimum beschränkt. Die Flugstation List fiel in einen Dornröschenschlaf – die Gebäude wurden nicht unterhalten.

Als es der Lufthansa gelungen war, wieder einen »Luftverkehr mit dem Ausland aufzubauen, und als sich dabei auch der Einsatz von großen Wasserfahrzeugen als notwendig erwies, ergab sich auch die Aufgabe, für jungen Seefliegernachwuchs zu sorgen. Zu diesem Zweck wurden im Winter 1926 die Anlagen in List wieder instand gesetzt und im Frühjahr 1927 in Betrieb genommen.«9

Der Leiter der Seefliegerausbildung bei der Deutschen Verkehrsfliegerschule in List war v. Gronau, »der durch seine Ozeanflüge und seinen Flug um die Welt für seine Schüler ein leuchtendes Vorbild und höchster Ansporn geworden ist.«10 Der begeisterte Artikel von Scheurlen, auch über die Einzelheiten der gründlichen Verkehrsseefliegerausbildung im weit abgelegenen List, lässt vermuten, dass es sich bei dieser Institution praktisch um eine nicht durch den Versailler Vertrag erlaubte militärische Ausbildung im zivilen Gewande handelte.

Auch die Jahreszahl der Wiederinbetriebnahme der Lister Anlagen ist bemerkenswert: Es war 1927, d. h. das Jahr der Inbetriebnahme des Hindenburgdammes. Wurde letzterer wirklich um der schönen blauen Augen der Friesen willen gebaut?

Sicher nicht. Ohne Zweifel konnte die Reichswehr auch in der zweiten Hälfte der 20er Jahre nicht das Faktum aus der Welt schaffen, dass die militärischen Bestimmungen des Versailler Vertrages die Stärke und Struktur des Heeres und der Marine bis in Einzelheiten festlegte und vertragliche Änderungen nicht zu erwarten waren. 1926 kam es aber zu einem Klimawechsel in den Beziehungen zwischen Reichswehr und politischer Führung der Weimarer Republik. Die Reichswehr erkannte ausdrücklich den Primat der politischen Führung und Kontrolle der Regierung an. Wie es allerdings um die parlamentarische Kontrolle bestellt war, verdeutlicht folgendes:

»Im Gegenzug (für die Anerkennung der Regierung durch die Reichswehr) gaben der Reichskanzler und das Kabinett zu erkennen, dass sie nicht abgeneigt waren, die Kosten der illegalen, d. h. gegen den Versailler Vertrag verstoßenden Rüstungsmaßnahmen in den Reichshaushalt zu übernehmen.

Das war allerdings nur dann zu realisieren, wenn die dafür vorzusehenden Haushaltsmittel nicht einer normalen Überprüfung und Beschlussfassung durch den Reichs­tag unterworfen waren. Unter Beteiligung des Präsidenten des Rechnungshofes wurde die Lösung in dem sog. Staatssekretärsausschuss gefunden, der bei der internen Beschlussfassung über den Etat des Jahres 1928 zum ersten Mal eine Funktion übernahm …

Man muss sich die einzelnen Elemente dieser politischen Entscheidungen der Jahre 1927 und 1928 einmal vergegenwärtigen, um ihre grundsätzliche, über den aktuellen Anlass weit hinausgehende Bedeutung zu erfas­sen. Das Kabinett des Sozialdemokraten Müller übernahm die politische Verantwortung für Maßnahmen, die den Reichsgesetzen und den gültigen internationalen Verpflichtungen zuwiderliefen.

Die finanziellen Mittel hierfür wurden unter Umgehung des Parlamentes quasi auf dem behördlichen Verordnungsweg bewilligt.

Dieses alles geschah nicht, um einem aktuellen Notstand zu begegnen, sondern um die vermeintlich bedrohte Sicherheit des Landes in der Zukunft zu gewährleisten. Gefangen in den Vorstellungen der Zeit erkannte man nicht, dass Veränderungen der Rüstungsrelationen selbst zu einem die Sicherheit bedrohenden Faktum werden konnten.«11

Aufgrund des Versailler Vertrages mussten nicht alle Militäranlagen aus dem Ersten Weltkrieg »entfestet« werden: Sie mussten jedoch der Interaliierten Militär-Kontroll­-Kommission zur Genehmigung eingereicht werden.

Bevor der endgültige Bescheid vorlag, »hatte die Marine technische und organisatorische Maßnahmen begonnen, um auf Sylt baldmöglichst die artilleristische Ausbildung aufnehmen zu können. Bei ihrem Anliegen fand sie aber wenig Rückhalt bei den zivilen Behörden«.12

Die Flieger-Rüstungs- und Ausbildungsperiode in List ab 1927 gehört übrigens wie viele andere Einzelentscheidungen mehr zu den verlorenen Schlachten »für den Naturschutz« im Listland.

Naturschutz, was ist das überhaupt?

Nur »Freihalten« von Flächen von der Bebauung durch die Eigentümer zur Realisierung bestimmter Zwecke?

Der Hindenburgdamm

Beschwerliche Reisen über Hoyer-Schleuse und Munkmarsch nach Westerland ließen den Gedanken einer Dammverbindung zwischen Sylt und dem Festland aufkeimen. 1856 publizierte C. P. Hansen den Gedanken, von Keitum nach Hoyer und von Morsum oder Nösse nach Wiedingharde zwei parallele Dämme zu bauen, um eine ähnlich fruchtbare Halbinsel wie Eiderstedt zu be­kommen.

1876 hatte Dr. Meyn die Idee, die Insel Sylt mit dem Festlande durch einen Damm auf der Wasserscheide zwischen Lister Tief und Vortrapp Tief zu verbinden. Er wollte das Hin- und Hergehen der Gewässer durch die ganze Hafflänge sowohl mit dem nordwestlichen als auch mit dem südwestlichen Andrang der Flut verhindern.13

Fürsprecher des Projektes einer Bahnverbindung mit dem Festland waren insbesondere die Westerländer Badeärzte. Die Direktion der Altona-Kieler-Eisenbahngesellschaft zeigte aus Rentabilitätsgründen wenig Verständnis für ihre Wünsche. Noch 1910 wurde der Antrag auf Bau einer Bahnverbindung abgelehnt. Gleichwohl begann das Wasserbauamt Husum insgeheim mit Vorplanungen. Am 29. Mai 1913 wurde die Bauabsicht verkündet. »Zu fragen ist allerdings, was diese verhältnismäßig plötzliche Sinneswandlung bewirkt hatte. Hier mögen wohl auch strategische Gesichtspunkte – Sylt als Festung – die Entschei­dung beeinflusst haben.«14

Als 1914 die Vorarbeiten in vollem Gange waren, brach der Erste Weltkrieg aus. Der Dammbau wurde – wie der Fremdenverkehr – eingestellt.

Nach dem Kriege musste der Hafen Hoyer-Schleuse an Dänemark abgetreten werden. Für die Reisenden traten erhebliche Pass- und Zollschwierigkeiten auf. Der Dammbauplan wurde erneut aufgenommen. Die Vorarbeiten waren soweit gediehen, dass im Jahre 1923 mit dem eigentlichen Bau begonnen werden sollte. Am 30. August 1923 setzte eine ungewöhnlich starke Sturmflut ein. Die Arbeiten mussten eingestellt werden und im Jahr darauf wurden neue Bauverfahren und Materialien (Kleiboden, Spundwände und Granitsteine) verwendet.

»Der Damm unterscheidet sich wesentlich von einem gewöhnlichen Eisenbahndamm und ist eher einem Seedeich vergleichbar. So erklärt sich auch die große Sohlenbreite, die rund 50 m beträgt. Die Höhe des Dammes, die im Mittel etwa 7,5 m erreicht, ergibt sich aus den Sturmfluthöhen des Wattenmeeres. In den Damm sind 3 200 000 qbm Erdboden und 120 000 Tonnen Schüttsteine eingebaut worden, und 200 000 qm Basaltböschungspflaster schützen die unteren Teile des Damms gegen die Angriffe der Wellen.«15

Die Arbeiten wurden so gefördert, dass der Damm im Jahre 1927 fertiggestellt wurde. Am 1. Juni wurde der Damm mit der Bahnlinie Klanxbüll-Westerland im Bei­sein des Reichspräsidenten v. Hindenburg feierlich eröffnet. Bei dieser Gelegenheit erhielt er den Namen Hindenburgdamm.

Es war ein großes Fest. Die Ernüchterung der Sylter folgte, denn der erhoffte wirtschaftliche Erfolg blieb in der Wirtschaftskrise aus. Der »Dammzuschlag« auf den Fahrpreis im Personen- und Güterverkehr belastete die Wirtschaft schwer. Auf ihn wurde erst 1940 verzichtet.

Der Hindenburgdamm wurde der schnelle Weg durch das Meer, so dass auch für Kurzurlauber und Wochenendausflügler Sylt näher an das Festland rückte. Mit der Übergabe der 11 km langen Strecke an den Verkehr trat auch eine Klausel des Vertrages in Kraft, mit der die Sylter ihre Zustimmung zum Dammbau gegeben hatten und die ganz besonders auch im Interesse der Reichsbahn lag.

»Um den insularen Charakter zu wahren, sollte über den Damm kein anderes Verkehrsmittel als die Eisenbahn Sylt unmittelbar erreichen dürfen. So beförderten auch die Güterzüge bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs kein Auto auf die Insel, das nicht nach den strengen Bestimmungen ordnungsgemäß verladen, mit Drähten befestigt und zusätzlich durch Klötze gesichert war. Für jeden solchen Transport musste vorher – wie im Güterverkehr üblich – ein Waggon bestellt werden.

Beim 50jährigen Jubiläum des Hindenburgdammes nähert sich die Zahl der beförderten Personenkraftwagen bereits mit Riesenschritten der 5 Millionenmarke. Daran lässt sich die rasante technische Entwicklung in den letzten 50 Jahren ablesen.«16

Nord-Sylt wird unter Naturschutz gestellt

1923 wurde das Listland unter Naturschutz gestellt. Damit wurde jede private Bautätigkeit unterbunden. 1923 starb der Herausgeber des »Kunstwartes«, Mitbegründer des Dürer Bundes und Syltfan Ferdinand Avenarius. Seinem unermüdlichen Wirken ist es zu verdanken, dass »immer weitere Kreise und viele Regierungspersönlichkeiten für den Plan einer weitgehenden Unterschutzstellung des Listlandes unter strenge Naturschutzvorschriften gewonnen wurden«. Er konnte es noch erleben, dass das gesamte Dünengelände nördlich der Kampener Heide, mit Ausnahme nur der Ortschaft List, und ferner das Morsumkliff im Osten der Insel unter Naturschutz gestellt wurden. Es sind damit die beiden ältesten Naturschutzgebiete des Landes Schleswig-Holstein.

Avenarius lebte in Kampen. Er baute auf der Kampe­ner Nordheide das erste Haus. Es wurde 1976 abgerissen, sein Archiv ging an Klappholttal. Zu seinen Lebzeiten wurde kein Quadratmeter Gelände auf Kampener Gemeindegebiet oder in der Mitte und im Süden der Insel unter Naturschutz gestellt. Nur das Listland und das Morsumkliff.

Der Weggenosse von Avenarius, der Kampener Arzt Knut Ahlborn, stellt fest: »Das geschützte Gelände muss in seinem geologischen Aufbau wie in seinem natürlichen Pflanzenwuchs unangetastet bleiben, das Landschaftsbild als Ganzes wie im Einzelnen, der Boden, die Tier- und Pflanzenwelt sind gegen Eingriffe durch Gesetze geschützt, so dass alles Graben, Abreißen von Pflanzen, Beunruhigen, Fangen und Töten von Tieren verboten ist. Ein besonderes Vogelschutzgebiet wurde auf dem nördlichsten Fortsatz der Insel Sylt, der Halbinsel Ellenbogen, geschaffen. Der Ellenbogen durfte hinfort nur mit ausdrücklicher Erlaubnis betreten werden.

Wenn auch gegen diesen Erlass von seiten der Sylter Grundbesitzer der berechtigte Einwurf erhoben worden ist, dass er ohne ihre Mitwirkung getroffen wurde, so müssen doch alle Freunde der noch im Urzustande befindlichen Gebiete der Insel und letzten Endes auch die heimatliebenden Insulaner selbst durch diesen Erlass beglückt sein. In großzügiger Weise wird hier von vornherein einer Entwicklung vorgebeugt, die überall da, wo das vom reinen materiellen Interesse gelenkte Wirtschaftsleben freie Bahn hatte, zur Verschandelung der Natur geführt hat.

Niemals sollen diese letzten Reste einer ganz ursprünglichen nordgermanischen Landschaft den zerstörerischen Einwirkungen der Zivilisation preisgegeben werden, nie­ soll sich in der so geschützten Natur, wie beispiels­weise an so vielen erhabenen Stellen des Hochgebirges, Hotelwesen und der Reklameteufel breitmachen.

Keinem anderen Zweck sollen diese Gebiete dienstbar gemacht werden als dem sie selbst und unberührt zu sein und zu bleiben, zur inneren Erhebung und seelischen Be­reicherung der sie mit Andacht Betretenden und Durch­wandernden.17 Um die »vergessenen Gebiete«, die Kam­pener Nordheide und die Kampener Vogelkoje, ebenfalls unter Naturschutz zu stellen, bildete sich noch im Jahre 1923 der »Verein Naturschutz Sylt e. V«.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Lager Klappholttal, eines der elf Küstenschutzstandortquartiere aus den Festungszeiten des Ersten Weltkrieges und im Naturschutzgebiet gelegen, keinesfalls – wie viele andere Lager – abgerissen wurde, sondern noch heute besteht. Sieben der elf Küstenschutzquartiere befanden sich auf dem Lister Gemeindegebiet. Klappholttal wurde von Dr. Ahlborn 1919 und nach seiner Bekundung aus der Liqui­dationsmasse der Militärverwaltung erworben und zu einer gemeinnützigen Stiftung ausgestaltet. Das Grund­stück konnte er 1925 von den Listlandeignern erwerben. Es gibt heute ein Kindergenesungsheim, ein Sommerlager und sogenannte Unterkunftshäuser.

Die Leitung von Klappholttal – heute: Akademie am Meer – fühlte sich stets dem Naturschutz »verpflichtet«, was sie jedoch nicht hinderte, sofort, als die Inselbahn ihren Betrieb einstellte, eine Asphaltstraße zu den barackenähnlichen Häusern und Hütten zu bauen.

Die politische Bewertung des »Naturschutzes« zeigt sich gerade an der Entwicklung des bereits 1919 im Abriss befindlichen militärischen Küstenschutzstandortquartiers Klappholttal überdeutlich. 1952 war »die Zeit, als Klappholttal um die vielen kleinen Häuschen bereichert wurde, die freilich ohne Baugenehmigung errichtet und erst nachträglich behördlich gebilligt wurden … 1966 ist ein wichtiges Jahr. Die Häuschen standen alle. Goebel (Verwaltungsleiter von Klappholttal) stritt mit aller Welt. Er wollte den Bürgermeister von List verklagen, weil er ‚Hundehütten‘ gesagt hatte. Er wollte den Baudezernenten in Niebüll verklagen, weil der einmal zu den Bauten im Klappholttal gesagt hatte, ,polnische Wirtschaft ist das da bei Euch‘. Goebel wollte ihn wegen ,Völkerverhetzung, verklagen.«18

In dem sehr aufschlussreichen Bericht von Franz Rehbock wird auf die vielfältigen Grundstücksstreitigkeiten der Klappholttaler mit den Listlandeignern, der Inselbahn und der Kampener Losgemeinschaft eingegangen. Die Klappholttaler hatten gemäß Grundbuch ihr Gebiet überbaut …19 Naturschutzgebiet. »Vogelfreies« Naturschutz­gebiet.

Gegen die Ausweisung der Baugebiete unmittelbar an der LIO 24 mit den schönen reetgedeckten Häusern an der Blidselbucht, d. h. die Lister Straßen Mellhörn, Süderheidetal und Westerheide Ende der 60er Jahre wurde jedoch von den Klappholttalern gemäß der militärischen Herkunft aus »allen Rohren« geschossen! Doppelte Moral: Streusiedlung ist Streusiedlung im Außenbereich, Naturschutzbereich oder anderswo. Auf die ästhetische Qualität der Bauten kommt es an und sicher sind die Bauten an der Blidselbucht ein Gewinn für den am Rande der Bundesrepublik und der »Freien Republik Sylt« gelegenen Ort List hinsichtlich des Abbaus des Negativimages »Hinterland« und »Ödland« bei der Inselbevölkerung.

Im Gutachten der Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege vom 1. Oktober 1965, gedacht als Grundlage für einen Versuch der Landesregierung von Schleswig-Holstein unter anderem das gesamte Ellenbogengebiet zum Landschaftsschutzgebiet zurückzustufen, heißt es übrigens zum Bereich »Klappholttal«: ,,Empfehlung… Das Gebiet zwischen Nordseeheim Klappholttal und Kinderheim Vogelkoje ist durch Bauten und landschaftsfremde Aufforstung in seinem Wert als Naturschutzgebiet beträchtlich gemindert, so dass eine Herabstufung zum Landschaftsschutzgebiet empfohlen wird.«20 In seinem Sondergutachten »Rechtsfragen des Naturschutzes auf der Insel Sylt« stellt Professor Asal ausdrücklich fest: »Das Problem, um das es sich handelt, stellt zwar juristisch betrachtet nicht, aber in sonstiger Hinsicht eine ausschließlich schleswig-holsteinische Angelegenheit dar.«21 Vorgeschlagen wurde, neben den Nachkriegsbaugebieten Süderheidetal, Mellhörn und mit Einschränkung – auch Westerheide – das gesamte, durch die Wehrmacht gegen ihre eigenen Vorschriften bebaute Gebiet des Ortes, also die Straßen Mannemorsumtal, Möwengrund, Frischwassertal, Süderhörn, Buttgraben, Landwehrdeich und anderes mehr aus dem Naturschutz zu entlassen. Es handelte sich quasi um eine nachträgliche Flurbereinigung, um insgesamt 40 ha Fläche.

Die Wissenschaftler setzten sich auch intensiv mit der künftigen Erhaltung und Entwicklung des Gebietes von ,, nationaler« und »internationaler« Bedeutung auseinander. Es heißt in ihrem Gutachten: Der Kauf der Naturschutzflächen »durch die Öffentliche Hand oder Übernahme in Erbpacht, die Einstellung von hauptamtlichen Naturschutz- und Dünenwarten als Aufsicht sowie die Durchführung von Ordnungs- und Pflegemaßnahmen aufgrund eines Landschaftsplanes wird dringend empfohlen«.22

Das war 1965, also vor 27 Jahren, das heißt einer Generation, und 42 Jahre nach Unterschutzstellung des Gebietes. In der politischen Bewertungsskala war der Naturschutz jedoch am untersten Ende zu finden. Daher nahm man derartige Passagen in den Gutachten nicht zur Kenntnis.

Nun siegt man schön …

Festung Sylt: Atlantikwallbau im Lister Naturschutzgebiet

Die Nationalsozialisten hatten bei der Wahl im Frühjahr 1933 in List fünf der neun Sitze im Gemeinderat erringen können. Bereits im Mai 1933 hatte es die NSDAP durch Übertritte und Nachwahl auf acht Mandate gebracht. List hatte 1933 449 Einwohner.

Die paramilitärischen Einrichtungen wie die Seefliegerschule in List deuten auch einen Zusammenhang mit der Anfälligkeit der Lister Bevölkerung für die NS-Ideologie an. List hatte bereits im Mai 1933 zwar nur 449 Einwohner, aber eine eigene Ortsgruppe der NSDAP mit 103 eingetragenen Parteigenossen, obwohl NS-Agitatoren erstmals im Januar 1932 aufgetreten waren.

Nach dem am 1. Januar 1934 in Kraft getretenen neuen Gemeindeverfassungsgesetz, dass das »Führerprinzip« auch auf Gemeindeebene durchsetzte, besaß der Gemeindevorsteher oder Bürgermeister die ausschließliche Verantwortung für alle Entscheidungen. Die weiterhin bestehenden Gemeinderäte dienten »der Dekoration« des »Gemeindeführers«.

Wie schnell es der NSDAP gelang, Verwaltungen und Bevölkerung gleichzuschalten, zeigte der Umstand, dass bereits bei der Konstitution der neuen Stadt- und Gemeindevertretungen auf Sylt die Verleihung der Ehrenbürgerrechte an Hitler und Hindenburg auf der Tagesordnung stand. Am 1. April 1933 wurde ihnen die Ehrenbürgerschaft angetragen. Hitler und Hindenburg nahmen dankend an.

Die wirtschaftliche Lage war nicht nur in List äußerst schwierig. In seiner Untersuchung »Der Sylter Weg ins Dritte Reich« fasst Voigt zusammen: »Das Votum für die totalitäre Diktatur war nicht in Einklang zu bringen mit der gängigen Ansicht, das Freiheitsbewusstsein sei ein wesentliches Kennzeichen friesischer Menschen.«23

Politisch war also der Ausbau Sylts zur Festung, zum Bestandteil des Atlantikwalles, gut vorbereitet. Ab 1934 wird List als Militärstützpunkt ausgebaut und der Hafen erweitert. Ab 1935 erfolgt der Aufbau des Ortes. Baugenehmigungen für Wohnhäuser und Kasernenanlagen erfolgten gemäß Führerprinzip der Verwaltung unverzüglich. Es wurde nicht einmal für nötig befunden, den Naturschutz auf den zu bebauenden Flächen formal aufzuheben. Erst im Jahre 1969 wurden die ab 1934 verstärkt bebauten Flächen in List aus dem Naturschutz entlassen.

Seit dem Jahre 1940 verbindet die Listland- oder Atlantikwallstraße den Ort List mit Westerland und zerschneidet oder erschließt das Naturschutzgebiet. Die Bunker­ und Geschützstellungen der Lister Westdünen und der Ort List wurden dem modernen Autoverkehr zugänglich. Zeitweise waren über 4 000 Bauarbeiter im Einsatz. Sie kamen aus allen Regionen des von Arbeitslosigkeit gebeutelten Reiches. Sie lebten in Baracken und warteten auf die Fertigstellung von Wohnungen für den Nachzug der Familien.

Bei diesen Bauarbeiten im Naturschutzgebiet wurde 1937 ein Kuhhorn mit Bleiverschluss gefunden, in dem um das Jahr 1 000 n. Chr. ein wohlhabender Wikinger seinen Silberschatz verborgen hatte. Aufgrund ihrer bevorzugten Siedlungslage haben die Lister ihren Profit in vergangenen Jahrhunderten aus Fernhandelsbeziehungen gezogen. Funde beweisen, dass man sich in List im 13. und 14. Jahrhundert kostbare Importkeramik leisten konnte.

Durch die Bauarbeiten der Wehrmacht wurde das Listland umgestaltet. Das tiefliegende Marschland – etwa 40 Hektar – ließen die Militärs mit Sand auffüllen, um Unter­ künfte darauf zu errichten.24 Straßennamen im Ort wie Buttgraben, Landwehrdeich, Lister Reede weisen heute auf ehemalige Wasserflächen hin.

Die in Jahrhunderten gewachsene Bevölkerungsstruktur wurde aufgebrochen. Misstrauen wurde gesät, Missgunst geschürt.

Drei Enteignungsverfahren mussten die Listlandeigner über sich ergehen lassen; im Grunde nur darum, weil ihr Besitz am Rande der Deutschen Bucht strategisch so gün­stig lag: »Denn wir fahren, denn wir fahren gegen Engeland. Engeland.« – So sangen die Soldaten.

»Gegen die radikale Veränderung der Landschaft – und das gilt auch für den übrigen Inselbereich – konnten im Rahmen einer totalitären Diktatur und der höchsten Priorität der Aufrüstung weder Ansprüche der Natur- und Vogelschutzverbände noch Bedenken des Wasserbauamtes hinsichtlich des Dünen- und Küstenschutzes wie in den Zeiten der Weimarer Republik wirksam geäußert werden«, meint Harald Voigt in seinem Buch »Die Festung Sylt«.25

Aber auch die Eigentümer hatten keinen Einfluss darauf, was sich auf ihrem Grund und Boden abspielte.

Schließlich konnten sie nur gute Miene zum bösen Spiel machen oder Gefahrlaufen, in ein Konzentrationslager zu wandern. Als »Dänen« wurden sie ohnehin beschimpft. Teilweise mussten sie ihre Grundstücke auf der Insel zu einem minimalen Preis verkaufen oder ein Enteignungsverfahren riskieren, dessen Ausgang unzweifelhaft war.

Nicht nur der »unsanfte« Tourismus auf Sylt – etwa seit dem Jahre 1970 –, auch gerade das Militär hat einen großen Anteil an der Zerstörung des Listlandes. Über vierzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind noch längst nicht alle Bunkerreste und Betontrümmer im Naturschutzgebiet Nord-Sylt beseitigt worden.

Die Maßnahmen der Diktatur machten den Fiskus dar­über hinaus – durch Annahme dieser Erbschaft – zum größten Grund- und Wohnungsbesitzer auf Sylt. In Fortsetzung der im 19. Jahrhundert begründeten und gegen Großbritannien gerichteten Tradition der Marine wurden vom Fiskus Anfang der siebziger Jahre der Bundesmarine in List Liegenschaften im Naturschutzgebiet als »Verwaltungsvermögen« zur militärischen Nutzung zugewiesen.

Eine einfache Verwaltungsentscheidung ist der Beweis dafür, dass auch der Fiskus eines demokratischen Staatswesens keinerlei Gewähr dafür bietet, dass unter Naturschutz stehende Flächen im Eigentum der öffentlichen Hand auch tatsächlich Rückzugsreserevate für Pflanzen und Tiere sind und bleiben.

Der Zweite Weltkrieg ist aus – es wird prozessiert

Mit großer Erleichterung wurde das Kriegsende auch von der Lister Bevölkerung aufgenommen. Die vorbereitete Sprengung der Kasernen, der Versorgungsanlagen und der Gebäude in der Alten Bahnhofsstraße war an ihr vor­übergegangen.

Die Zeiten waren schwer: Schöne Wohnungen gab es in List, aber keine Arbeit, kein Verdienst. Die einheimischen Bewohner, die hier seit den Jahren 1935/36 heimische Bevölkerung und die vielen Flüchtlinge aus den ostdeutschen Vertreibungsgebieten, insbesondere aus Ostpreußen, waren sehr schlecht mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgt.

Die Lister Bevölkerung war von 70 Einwohnern im Jahr 1914 auf 450 Einwohner im Jahre 1934, auf etwa 2 000 Einwohner (ohne Militär in Kasernen) im Jahre 1939, auf 4 006 Einwohner (Höchststand: 1945) angewachsen. Die Kasernen der seit den 30er Jahren bestehenden Militärsiedlung dienten im Jahre 1945 überwiegend als Unterkünfte der Flüchtlinge.

Am 31. Januar 1946 wurde die erste öffentliche Gemeindevertreterversammlung einberufen. Die von der Militärregierung bestätigten Gemeindevertreter wurden in ihr Amt eingeführt. Zum Neubeginn sagte der Vorsitzende, der 1934 abgesetzte und nunmehr wieder eingesetzte Bür­germeister Peter Diedrichsen gemäß Protokoll der historischen Sitzung unter anderem folgendes:

»Unter der früheren Regierungsform wurden sämtliche Anordnungen in Übereinstimmung mit dem Führerprinzip von der höchsten bis zur niedrigsten Regierungsstelle getroffen. Die Öffentlichkeit hatte keine Möglichkeit, sich irgendwie geltend zu machen. Unter diesem System war der Beamte der Diktator. Dessen Bestimmungen konnten nicht angegriffen werden.

Jetzt ist wieder die Zeit der Demokratie gekommen. Die Zivilbevölkerung soll mitbestimmen in allen Angelegenheiten. Es wird aber nie die Demokratie auferstehen, wenn nicht jeder Mann und jede Frau bereit sind, ihren Beitrag an allen die Gesamtheit betreffenden Arbeiten zu leisten.

Es sind deshalb in allen Gemeinden von der Bevölkerung Gemeinderäte gewählt und von der Militärregierung zu Repräsentanten eingesetzt worden. Sie kommen aus allen Klassen und Ständen. Die Verantwortung ist damit auf breitere Schultern gelegt worden. Die Bürgermeister können selbstständig keine Anordnungen treffen, ohne die Bevölkerung zu befragen. Sie müssen den Beschlüssen der Gemeinderäte, die die Repräsentanten der Bevölke­rung sind, folgen.

Die Bürgermeister sollen nicht mehr Diktator, sie sollen des Rates treue Diener sein, mit der Aufgabe, die Beschlüsse des Rates durchzuführen. Ein demokratisches Regime kann nur aufgebaut werden, wenn die Bevölkerung frei bestimmen kann, welche Anordnungen getroffen werden sollen, während der Bürgermeister den bekundeten Willen der Bevölkerung ausführt. Nur in dieser Weise kann die Bevölkerung Anteil nehmen an der Verantwortung. Mit diesen Worten führe ich Sie in Ihr Amt ein«.26

Die Situation war doch problematischer, als Bürgermeister Peter Diedrichsen an diesem 1. Februar 1946 dachte.

Die Kasernen mussten zweimal von Flüchtlingen geräumt werden, weil sie von der englischen Besatzungs­ macht beansprucht wurden. Das Offiziersheim und die Häuser »Elbe«, ,,Weser« und »Ems« an der Oststrandpromenade wurden Kreisaltersheim. Dort waren mindestens 500 Menschen untergebracht. Die Firma Beyschlag, ein Hersteller von Widerständen und Transistoren, kam mit 17 Mann Stammpersonal nach List und baute in der Mövenberg-Kaserne Arbeitsplätze für 500 Menschen auf. Im Bereich Mövenberg-Kaserne florierte in dieser Zeit auch eine Kunstblumenfirma.

Der größte Arbeitgeber von List zog sich Ende der 50er / Anfang der 60er Jahre vollständig aus List zurück, denn der Bund beanspruchte die von der Firma genutzten Liegenschaften. Beyschlag etablierte sich in Westerland. Die Firma erhielt dort ein günstiges Grundstück für den Neubau ihrer Anlagen.

Zehn Jahre nach der ersten Sitzung des Gemeinderates am 3. Juli 1956, – die Listlandeigner hatten bereits jahrelang prozessiert, um eine Entschädigung für die Enteignungen in der Nazizeit zu erreichen – debattierte der schleswig-holsteinische Landtag auf Grund eines gemeinsamen Antrages und einer großen Anfrage aller Fraktionen die Boden-, Grundbesitz- sowie Wirtschaftsverhältnisse in List auf Sylt.27

In der Debatte führte der Abgeordnete Claussen unter anderem aus: »Im Jahre 1914 wurde die erste Flugzeughalle gebaut. Von 1914 bis 1918 dann weitere Hallen und Wehrmachtsunterkünfte. Damals wurde das Gelände noch ordnungsgemäß gekauft.Die Bevölkerungszahl stieg auf 450.

Im Jahre 1934 lief das große Bauprogramm des Seefliegerhorstes List an. Bei der ersten Durchführung wurde das Land zu ortsüblichen Preisen gekauft. Auf diesem Gelände stehen heute in der Hauptsache die Kasernen, die zum Teil unbenutzt sind.

Dann erfolgten Beschlagnahmen und Enteignungen zum größten Teil ohne Entschädigung. Auf diesem Gelände befindet sich heute die Wohnsiedlung, also auf beschlagnahmten Gelände, das rechtmäßig den Listlandbesitzern gehört. Der Reichtsluftfahrtminister hatte für die Beschlagnahmen besondere Verordnungen erlassen: Die VO Nr. 788 am 15.8.1936 und die VO Nr. 789 am 18.10.1936.

Diese Verordnungen fanden allein Anwendung auf List. Sie waren also zu betrachten als ein Akt des Staates und können doch nicht betrachtet werden als eine eigentliche Kriegsfolge. Deshalb erscheint es mir auch fraglich, ob man die Verhältnisse auf List durch das zu erwartende Kriegsfolgenschlussgesetz ändern könnte.«

Innenminister Dr. Lemke erläuterte die Lister Problematik: »Die ehemalige Wehrmacht hatte seit dem Jahre 1936 in List auf Sylt große Flächen Acker und Dünen für ihre Zwecke in Anspruch genommen. Auf dem Gelände sind dann diese bekannten Kasernen, Wohnhäuser, Straßen, und Befestigungsanlagen, ein Schwimmbad, Versorsungsanlagen usw. gebaut worden. Bei dem Gelände muss man vier Gruppen der Inanspruchnahme unter­ scheiden.

  1. 1936 bis 1937 ist ein Teil des Geländes ordnungsgemäß gekauft und bezahlt worden. Dabei handelt es sich in erster Linie um das eigentliche Kasernengelände, ferner um die Gelände der Schule, der Kirche und des Schwimmbades. Wegen des Ankaufes dieser Gelände sind von den früheren Eigentümern Rückerstattungsansprüche nach dem Rückerstattungsgesetz gestellt worden. Über diese Ansprüche ist noch nicht rechtskräftig entschieden wor­den, so dass auch über die Aussichten dieser Prozesse von uns aus nichts gesagt werden kann.
  2. Im Jahre 1938 ist wegen weiterer Flächen eine Enteignung durchgeführt worden. Die Entscheidung über die Entschädigung war jedoch nicht rechtskräftig geworden, da das Verfahren in Folge der Kriegsereignisse im Jahre 1944 beim Landgericht in Flensburg zum Ruhen gelangt war. Es handelt sich dabei um die Wohngebäude, die heute zu einem großen Teil das neue Dorf List ausmachen, insbesondere um die Bezirke Frischwassertal, Mannemorsumtal und das Gelände um das Offizierskasino. Für diese Flächen ist das Reich als Eigentümer zwar nicht eingetragen gewesen, doch ist nach den zugrunde liegen­ den Enteignungsvorschriften das Eigentum kraft Gesetzes auf das Reich übergegangen; das Grundbuch ist also formal unrichtig.
  3. Im Jahre 1942 wurde ein weiteres Enteignungsverfahren durchgeführt, dass ebenfalls nicht zu Ende geführt worden ist, weil eine Einigung über die Entschädigungs­ frage nicht erreicht werden konnte. Es war das Gelände um den sog. Landwehrdeich und das Industrietal. Auch eine Hinterlegung des Entschädigungsbetrages hatte nicht stattgefunden. Hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse gilt das gleiche wie bei den Enteignungen aus dem Jahre 1938.
  4. Für die Bunkerstellungen und für die Straße Kampen-List, weiter für die Kasernenanlage Möwenberg, sind Geländeflächen de fakto in Anspruch genommen worden, für die bisher weder Entschädigungen noch Pachten gezahlt wurden.

Die Bundesvermögensverwaltung bzw. ihre Vorgängerin hat nach dem Kriege die Verwaltung sämtlicher hergestellter Anlagen übernommen und ist damit auch in die Verwaltung der Flächen eingetreten. Es ist eine Frage, ob sie das durfte …

Die Frage, ob die Möglichkeit einer Rückführung der in Anspruch genommenen Grundstücke in Privateigentum besteht, lässt sich bei der geschilderten Sachlage erst dann beantworten, wenn die Entschädigungsfrage abschließend geregelt ist. Solange dies nicht der Fall ist, dürfte schon aus rechtlichen Gründen eine Übertragung von zur Zeit noch für das Reich bzw. den Bund in Anspruch genommenen Grundstücken an Privatpersonen kaum in Betracht kommen.

Ich darf jedoch im Namen der Landesregierung betonen, dass sie dieses Ziel zur organischen Gestaltung der Verhältnisse in List von hier aus anstrebt. Es ist kaum an­ zunehmen, dass der Bund sich diesen Bestrebungen entgegenstellen wird, da ein echtes Bundesinteresse an List auf Sylt nicht mehr besteht.

Es wird daher Aufgabe nach Abwicklung des Entschädigungsverfahrens im Einzelnen sein, bebaute Grund­ stücke an Interessenten zu übertragen. Dabei werden besonders die Gesichtspunkte des Fremdenverkehrs Beachtung finden müssen, damit der verbleibenden Bevölkerung in List eine sichere Grundlage für ihren künfti­gen Erwerb gegeben und sie nicht mehr durch die Unsicherheit der rechtlichen Verhältnisse behindert wird. Auch hier wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass eine Reprivatisierung so schnell wie möglich erfolgt.28

Der Abgeordnete Schröder brachte in dieser Debatte zum Ausdruck, dass »die Rechtslage, die auf dem Gebiet der Gemeinde List auf Sylt herrscht, wohl das Entsetzen aller Staatsbürger hervorruft. Sie ist so einmalig und viel­schichtig …, dass es wirklich an der Zeit ist, hier Wandel zu schaffen.«29

Der Hinweis, dass 144 Wohngebäude mit 383 Wohnungen, die dem Fiskus gehören, der auch die Mieten einzieht, auf Privatbesitz stehen, löste im Landtag »Heiterkeit« aus.30

Erst 1957 / 1958 gingen die Rechtsstreitereien zwischen dem Bund und den Eigentümern mit einem Vergleich zu Ende, jedoch waren die Listlandbesitzer mit diesem Ver­gleich nicht »zufrieden«. »Eindeutig zu geringe Entschädigung«, meint Niels Diedrichsen.

Diese Auffassung hat folgenden Hintergrund: In der letzten Verhandlungsphase wurde vom Bund unter anderem noch die Forderung nach Übereignung des Mannemorsumtales nachgeschoben. Im Laufe der jahrelangen Verhandlungen waren etliche der Eigner »mürbe« und alt geworden und stimmten innerhalb der Gemeinschaft für den Vergleich, zumal ohnehin bei diesen Verhandlungen die Drohung einer erneuten Enteignung durch den nunmehr de­mokratisch verfassten Staat ständig im Hintergrund stand.

Folgende Tatsachen wurden durch das Enteignungsverfahren festgeschrieben:

Die Listlandbesitzer erhalten vom Bund 1,5 Mio DM, und zwar für ca. 300 Hektar unter Naturschutz stehen­ des Dünengelände. Darunter befanden sich die Flächen, die mit Wohnhäusern, dem Offiziersheim und der Möwenberg-Kaserne bebaut worden waren. Dazu gehören weiterhin Versorgungsflächen, das gesamte Mannemorsumtal und andere freie Flächen: Am Loo, Buttgraben u. a. m.

Die Erbengemeinschaft konnte wieder über 80 Hektar Dünenland im Naturschutzgebiet, eine »Trümmerwü­ste« d. h. die Überreste von Flakstellungen und Bunkern des Atlantikwalles, verfügen.

Die Parallelverhandlungen der Listlandeigner mit Land und Gemeinde hatten folgende Ergebnisse:

Die Gemeinde List bekommt ein 15 Hektar großes Grundstück am Weststrand zum Quadratmeterpreis von 1 DM. Dem Land wird die 1940 gebaute Weststrandstraße zwischen Kampen und List zugesprochen. Es zahlt dafür einen Quadratmeterpreis von 1 DM.31 Die Vereinbarung der Listlandeigner mit Land und Gemeinde beinhaltete zugleich die Genehmigung der Baugebiete Fl bis F3 und die Entlassung dieser Flächen aus dem Naturschutz.

Ende der 60er Jahre erfolgte durch das Land Schleswig­ Holstein eine großräumige Flurbereinigung im Listland. Unter anderem wurden die Flächen, auf denen das neue Dorf List seit 1935 gebaut worden war und die durch den Vergleich dem Bund zugesprochen wurden sowie die Flächen der Baugebiete Fl bis F3, aus dem Naturschutz entlassen.32

Im Gegensatz zu den Vermutungen des Schleswig-Hol­steinischen Innenministers am 3. Juli 1956 erwachte traditionsgemäß das Interesse der Bundesmarine an List wie­ der. Nach kurzem Intermezzo der Luftwaffe, die erklärte, im Lister Naturschutzgebiet ihre Ausbildungsaufgaben nicht erfüllen zu können, wurde am 1. April 1958 die Marineversorgungsschule Neustadt / Holstein in die 1934-1938 erbaute Seefliegerkaserne von List verlegt und die Kurstrandhalle gebaut. Aufgrund von Sachzwängen fasste die Gemeinde List, nach dem Wegzug ihres größten Unternehmens Beyschlag, einen Beschluss, sich um Ersatzarbeitsplätze bei der entstehenden Bundeswehr zu, bemühen.

Der erste hauptamtliche Kurdirektor nahm seine Arbeit auf. Ein neuer Anfang wurde gemacht, besser gesagt, das alte Lied der Vereinbarkeit von Fremdenverkehr und mili­tärischen Übungen im Naturschutzgebiet in einer neuen Variante weiter gespielt.

Grundwehrdienst im Naturschutzgebiet

Alle Fraktionen der Lister Gemeindevertretung waren im Jahre 1974 mit ihrem Latein am Ende. Sie appellierten an die Lister Bevölkerung: Im Aufruf hieß es unter anderem: ,,Die gesamte Gemeindevertretung wendet sich heute mit der Bitte um Kenntnisnahme eines ernsten Problems an Sie und bittet um Ihre Mitarbeit. Der Verteidigungsminister ordnet mit Schreiben vom 18. Juli 1974 (Eingang hier am 14. August 1974) an, dass ein Teil unseres Gemeindegebietes zum militärischen Schutzbereich erklärt wird. Die Begründung hierfür ist der Ausbildungsbetrieb auf dem Schießstand im sogenannten Mannemorsumtal (Möwengrund) und um dessen Absicherung. Der geplante Schutzbereich erstreckt sich über 3, 5 km durch das gesamte Naturschutzgebiet und erreicht am Badestrand eine Breite von 600 m …

Wir verlangen, dass der angeordnete Schutzbereich nicht verwirklicht wird und der Schießstand aus dem Naturschutzgebiet herausgenommen wird. Wiederholte Einsprüche der Bürgermeisterund Gemeindevertreter fanden in den letzten zwei Jahren keine Beachtung … Wir bitten Sie nochmals um Ihre Unterstützung und werden uns erlauben, in den nächsten Tagen durch einen Gemeindevertreter Ihnen die Unterschriftenliste vorzulegen.«33

Mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten unterschrieben. Der Kommandeur der Marineversorgungsschule, Gustav Houtrouw, hatte seine in List wohnenden Soldaten und Zivilbediensteten »diskret informiert«: Teilweise wagten sie es nicht, aus Existenzangst den Gemeindeaufruf zu unterschreiben. Es heißt im offenen Schreiben des Kommandeurs vom 13.9.1974 unter anderem: »Den drei Fraktionsvor­sitzenden ist es offensichtlich noch nicht klar geworden, dass es – bedingt durch die verkürzte Grundwehrdienst­zeit – eine MVS ,alter Art‘, d. h. ohne Rekruten- und Maatenausbildung und damit weniger Schießbetrieb, nicht mehr geben kann … Es gäbe dann wohl für das BMVg nur eine Alternative, nämlich die gesamte MVS an einen anderen Standort zu verlegen, wodurch Sie als Soldaten und Zivilbedienstete wohl gleichermaßen hart getroffen würden.« Mitgeteilt wurde von Houtrouw gleichzeitig die Genehmigung des umfangreichen Aufbaus einer Standortschießanlage zwecks Aufhebung der bisherigen eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des alten, uneingezäunten und wohl auch defekten und aus der Hitler­ zeit stammenden Schießstandes.

Im Februar 1975 legten die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages noch einmal die Gründe für ihren öffentlichen Widerspruch dar. Es wurde unter anderem mitgeteilt, dass der Widerspruch der Gemeindevertretung genauso wie die Widersprüche der Kurverwaltung und der Listland­ eigner als »unzulässig« zurückgewiesen worden sind und die »in List, zusätzlich aufgenommene Ausbildung von Rekruten im krassen Widerspruch zu dem hiesigen Kurbetrieb steht«. Es wird vom Bundesverteidigungsministerium gefordert: »Freihaltung des Naturschutzgebiets von allen militärischen Maßnahmen, dazu gehört die Rücknahme der Schutzbereichsanordnung und die Verlegung des Schießstandes.

Als Alternative schlagen wir vor, Verlegung des Schießstandes List auf das bundeseigene Gelände an­schließend an die LORAN-Station Puan Klent auf Sylt mit Schießrichtung Osten. Eine unmittelbare Belästigung, der Bevölkerung und Kurgäste durch Schießlärm würde sich hier ausschließen«.

(LORAN heißt: »Long range aid to navigation«, über­setzt Navigationshilfe mit großer Reichweite. Die Signale des Senders können – relativ unabhängig von atmosphärischen Störungen – bis zu einer Entfernung von 2 500 Kilometern empfangen werden. Diesen Sylter Service nehmen die Marine, die Handels- und Fischereiflotte und auch Sportschiffer in Anspruch).

Strategie und Taktik. Ein kleines Dorf wird überrollt.

Information und Desinformation halten die Lister Bevölkerung in Spannung: Es handelte sich um Aussagen wie:

  • Umfang und Art der Nutzung militärischer Anlagen müssen wegen des verteidigungspolitischen Interesses ausschließlich durch den Bundesminister der Verteidigung bestimmbar sein,
  • für den Betrieb und Ausbau der Standortschießanlage liegen die Einwilligungen aller zu beteiligenden Institutionen vor (nur nicht die der protestierenden Lister Gemeindevertretung!),
  • die Bundesrepublik Deutschland bietet wegen ihrer dichten Besiedelung leider nicht genügend Raum, den Streitkräften ihre Ausbildungs- und Übungsaufgaben ohne Beeinträchtigung für die Zivilbevölkerung zu er­ möglichen,
  • Lärmschutzmaßnahmen werden beim Ausbau getroffen. (Erfolglos, wie sich nach dem Ausbau des Schießstandes herausstellte),
  • der gesamte Grundwehrdienst und die Schießausbil­dung werden in die Nähe von Itzehoe verlegt,
  • der 100 m Schießstand (ohne Versorgungshaus) wird nicht ausgebaut,
  • der Neubau einer Anlage z. B. auf dem von der Lister Gemeindevertretung vorgesehenen Standort Puan Klent würde mindestens 1,5 Millionen kosten. Die Kosten für den späteren faktischen Neubau in List wurden niemals erwähnt.
  • Im Wege der geplanten Baumaßnahme (Erweiterung um einen MG-Schießstand) werden im übrigen zur Verminderung der Schallabstrahlung alle planerischen und technischen Möglichkeiten, soweit aus Ausbildungs­ gründen vertretbar, berücksichtigt,
  • der Landesregierung Schleswig-Holstein wurde zugesichert, dass der Schießbetrieb während der Erholungssaison auf das unumgängliche Maß beschränkt wird,
  • die Entscheidung über die Nutzung der Marineversorgungsschule zu Ausbildungszwecken (Grundausbildung) erfolgte auf der Grundlage des allgemeinen Stationisierungskonzeptes der Bundeswehr: Da ist nichts zu machen.
  • bei Mitteilungen über die Entfernung des Schießstandes vorn Ort wurde einfach mit einer Null mehr operiert.

Buchstäblich und auch im übertragenen Sinne wurde mit Nebelkerzen geworfen und scharf geschossen.

In den 70er Jahren hatte die Bundesmarine offensicht­lich große Probleme mit »Nullen«. Nach ihren Bekundungen gegenüber parlamentarischen Gremien erfolgte der faktische Neubau der Lister Standortschießanlage etwa 2 000 Meter (und nicht wie tatsächlich ca. 200 Meter) von seit 1935 existierenden Wohnhäusern. Die Listlandeigner erhielten als jährliche Pacht für den Ellenbogenschießplatz nur ca. 8 000 DM und nicht – wie gegenüber parlamentarischen Gremien dargelegt – über 80 000 DM.34

Besonders durch letztere Aussage wurde in die Gemeindevertretung Zwietracht gesät.

Eines erschien also unumstößlich: In List, das heißt auf der Ferieninsel Sylt, müssen im Naturschutzgebiet Grundwehr­dienstleistende ausgebildet werden!

Die Marineversorgungsschule musste diese Grundausbildung als »neue Aufgabe« übernehmen, weil die Grundwehrdienstzeit ab 1.1.1973 von zwölf auf 18 Monate ausgedehnt worden war. Und diesem neuen Konzept hatte schließlich der Bundestag zugestimmt.

Allerdings behaupteten böse Zungen schon immer, dass die Bundesmarine sich nur deshalb so in List »festkrallte«, weil es dort ein so schönes Offiziersheim mit weitem Blick über Land und Meer gab.

Wahrscheinlicher ist jedoch die in der Geschichte oftmals dokumentierte Affinität der Militärs zu dem natürlichen Hafen List. Er ist zwar mittlerweile im Besitz der Gemeinde. Auch strategisch hat er kaum noch eine Bedeutung, denn Dänemark und Großbritannien sind Verbündete in der NATO und nicht mehr mögliche Kriegsgegner wie 1864 und in den nachfolgenden Jahrzehnten.

Aber immerhin erinnert man sich gerne, dass der natürliche Hafen List in einer dänischen Urkunde aus dem Jahre 1455 als das »schönste Tief an der ganzen Westküste Jütlands« bezeichnet wird und auch in den Auseinandersetzungen zwischen dem Dänenkönig Waldernar Atterdag (circa 1320 bis 1375) und der Hanse eine wichtige Rolle spielte.35

Die Militärhistoriker sind jedenfalls der Ansicht, dass die historische Analyse eine Möglichkeit ist, um zu einer realistischen Einschätzung des eigenen Standortes – hier: der Forderungen der Bundesmarine an die Politiker – in unserer Gegenwart zu gelangen.

Die Absurdität vieler Argumente für die Begründung des Neubaus einer innerörtlichen Standortschießanlage für die Versorgungsschule in List gegen den einmütigen Willen der Gemeindevertretung und der Mehrheit der Bevölkerung Mitte der 70er Jahre kann mit Sicherheit nur im Lichte eines Nachklangs der prägenden Kraft bestimmter Denkmuster nachvollzogen werden.

Wahrscheinlich war in der Angelegenheit unbewusst die Durchsetzung der Kaiserlichen Flottenbaupolitik durch Tirpitz, die am Parlament vorbei finanzierte Ausbildung paramilitärischer Kräfte – das Fliegerprogramm – in der Weimarer Republik oder der abenteuerliche Sylter Festungsbau durch das Dritte Reich präsent und gehei­mes Vorbild: List war immer von derartigen Aktionen betroffen. Am zuständigen Parlament, in diesem Fall der Lister Gemeindevertretung, vorbei Fakten schaffen und sie später irgendwie legalisieren lassen: Das war der alte Punkt, die altbewährte Methode der Militärs, Ansprüche durchzusetzen.

Wie wird der Prozess nun weitergehen?

Fest steht, dass die Grundwehrdienstzeit wieder von 18 Monate auf 12 Monate zurückgenommen worden ist. Die Mannschaftsstärke, auch der Marine, wurde und wird erheblich reduziert. Die Bundesmarine sollte eigentlich auch in einigen Ostseehäfen präsent sein.

Im Verlaufe des Vereinigungsprozesses und des Abzugs der sowjetischen Besatzungstruppen stehen künftig große, bisher durch die Volksarmee und die Sowjetunion militärisch genutzte Flächen der Bundeswehr zur Verfügung. Das Argument, ,,dass die Bundesrepublik wegen ihrer dichten Besiedelung nicht genügend Raum bietet, um den Streitkräften ihre Ausbildungspflicht und Übungs­ aufgaben ohne Beeinträchtigung für die Zivilbevölkerung zu ermöglichen«, zählt einfach nicht mehr, jedenfalls nicht für einen so exponierten Standort wie das Nordsylter Naturschutzgebiet.

Eine »Kochschule der Nation« hat sicher in List ihren Platz. Wahrscheinlich ist sie nach wie vor von der Bevölkerung gewünscht und akzeptiert. Schießausbildung und »Robben« von Grundwehrdienstleistenden durch die Beide des Naturschutzgebietes dürfte sich wohl im Rah­ men der neuen Verteidigungsstrategie von selbst verbieten und wäre sicher in List auf Dauer angesichts der veränderten strategischen Verhältnisse und der Eingebundenheit von Großbritannien, Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland in der NATO nur schwer zu be­gründen.

Sind Schafe schwerhörig?

Am 25. August 1992 feierte List sein 700-jähriges Bestehen, d. h., es feierte die von König Erich von Dänemark im Jahre 1292 verfügte »Freiheit des Vorstrandes und der Häfen bei List« als Schenkung an das Amt Ripen.

Sechs Wochen vorher, am 10. Juli 1992, hatte das heu­tige List einen noch schöneren Grund zur allgemeinen Freude: Man feierte die Verfügung der »Freiheit von Flug­ zeuglärm und Schießlärm auf dem Ellenbogen« durch das Bundesminsterium der Verteidigung.

Seit Jahren waren die Lister im Winterhalbjahr von Schießlärm und dem Lärm der zum Sturzflug auf den Ellenbogen ansetzenden Militärflugzeuge genervt.

Genauso genervt wie die Schafe auf dem Ellenbogen. Wie Zoologen glaubhaft versichern, ist es ein schlichtes Gerücht, dass Schafe schwerhörig seien …

Jedenfalls stand am 10. Juli 1992 in den Sylter Nachrichten zu lesen: »Kein Kanonendonner mehr am Königshafen … Die Bundesluftwaffe will ihren NATO-Schießplatz am Lister Ellenbogen schließen. Dies geht aus einem Schreiben des Bundesverteidigungsministers an den Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft deutsche Nordseeküste, Dr. Volkert Dethlefsen, hervor. Dethlefsen hatte mit Blick auf die veränderten Ost-West-Verhältnisse den neuen Verteidigungsminister Volker Rühe in einem Brief um die Einstellung des Schießbetriebes im Lister Königshafen gebeten.

Im Bonner Antwortschreiben heißt es, »dass die Luftwaffe beabsichtigt, aus Gründen des reduzierten Bedarfs an Luft- / Boden-Waffeneinsätzen und im Zusammenhang mit der Auflösung der beiden Jagdbombergeschwader Husum und Oldenburg den Schießbetrieb in List einzustellen«. »Ja – es stimmt. Die Luftwaffe will den Platz im Oktober schließen«, erklärte gestern Oberstleutnant Horst Jeromin, oberster Pressesprecher der 3. Luftwaffendivision. Die endgültige Entscheidung stehe zwar noch aus, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit werde in List im Winter nicht mehr scharf geschossen.

In der Lister Gemeindeverwaltung schlug diese Neuigkeit wie eine Bombe ein. Bürgermeister Leo Wittmeier: »Ich weiß von nichts. Aber das wäre schon eine gute Sache. Schließlich hat die Gemeinde jahrelang gegen die Schießübungen vor den Toren der Kommune gekämpft.« Auch der Sprecher der Listlanderben Niels Diedrichsen zeigte sich gestern überrascht. Die NATO-Range liegt im Listland. 1966 hatte die Erbengemeinschaft angesichts drohender Enteignung einem Pachtvertrag mit dem Bund zähneknirschend zugestimmt. Rund 8 000 DM zahlte die Bundeswehr als Jahrespacht für das 60 Hektar große Gelände, das in der Schutzzone 1 des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Meer liegt. Diedrichsen: »Ich habe ohnehin nie begriffen, dass im Nationalpark scharf geschossen wurde.« Während der Wintermonate donnerten NATO-Jets über die Dünen und feuerten auf Zielscheiben im Königshafen.

Der Erbensprecher: »Wir werden nicht auf den Pacht­ vertrag pochen. Wir sind froh, wenn der Mist vorbei ist.« Seiner Ansicht nach sind die Listlandbesitzer ohnehin die schwächeren Vertragspartner: »Ein Kündigungsrecht steht nur dem Bund zu. So einfach ist das!«

Betreut wurde der Schießplatz während der Wintermonate von Soldaten des Husumer Jagdbombergeschwaders 41. Ein Kontrolloffizier saß im kleinen Tower, eine Scheiben-Mannschaft kümmerte sich um die Bodenziele. In­ standgehalten wurde die Range von der Standortverwaltung. Oberstleutnant Helmut Krauß, stellvertretender Geschwaderkommodore in Husum, bestätigte gestern, dass die Range zur Disposition stehe. Als Hauptnutzer werde das Husumer Geschwader zum Jahresende ohne­ hin ausfallen. Dann stellt der Verband den Flugbetrieb endgültig ein.«

Der Luft-Boden-Schießplatz Ellenbogen wurde noch nicht einmal von der Wehrmacht, sondern erst 1950 von der englischen Besatzungsmacht eingerichtet. 1961 wurde er von der Bundeswehr übernommen.

Im Oktober 1992 wurden die Zielscheiben abgebaut. Eine Auflösung des Pachtvertrages ist bisher nicht erfolgt. Auch ein Sanierungskonzept hinsichtlich der Munitionsaltlasten wurde nicht bekannt. Nach diesem Sanierungskonzept fragte die Naturschutzgemeinschaft Sylt Mitte November 1992 den Bundesverteidigungsminister. Sie drückte in ihrem Schreiben die Hoffnung aus, dass »weitere militärische Übungsplätze in Naturschutzgebieten – wie der Standortplatz List im Bereich der Wanderdünen und der Munitionserprobungsplatz in der Meldorfer Bucht« geschlossen werden.36

[35]Wedemeyer, a. a. 0., S. 5

[36]Sylter Rundschau vom 10.Juli 1992, vom 19.11.1992

Sanfter Tourismus?

Straßen- und Parkplatzbau für den Massentourismus

In den 60er Jahren explodierte der spekulative Bauboom auf der Insel. Bürger begannen zu protestieren und organisierten sich in Bürgerinitiativen. 1971 ging in Westerland buchstäblich das geplante Hochhaus »Atlantis« unter. In List musste Dr. Hisam seine Vorstellungen, die gesamte Blidselbucht mit Hochhäusern zu bebauen und auf dem Hunningensand Stelzenhäuser mit einer Hafenanlage zu errichten, aufgeben. Endgültig.

1966 wurde die Oststraße zwischen Blidselbucht und List dem Verkehr übergeben. Damit war die alte Betonstraße zur Versorgung des Ortes List überflüssig. 1970 stellte die Inselbahn ihren Betrieb ein. Der Nahverkehr wurde auf Busse umgestellt.

Fernmündlich erteilte der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein am 22. Juni 1965 durch den Ltd. Ministerialrat Dr. Keil einen Auftrag an die Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege ein Gutachten über die geplante Umwandlung eines Teiles des Naturschutzgebietes Lister Dünen mit Halbinsel Ellenbogen auf Sylt in ein Landschaftsschutzgebiet zu erstellen.

Der Auftrag wurde mit Schreiben vom 23.6.1965 durch den Chef der Staatskanzlei bestätigt. Gleichzeitig wurde der Deutsche Rat für Landschaftspflege beauftragt, den Fragenkomplex unter den verschiedensten Gesichtspunkten zu untersuchen.

Das Gutachten wurde von der Bundesanstalt am 1. Oktober 1965 vorgelegt und zusammen mit den Sondergutachten zu bestimmten Fragestellungen in Heft 2 der Schriftenreihe Landschaftspflege und Naturschutz des Jahres 1967 veröffentlicht. Darin heißt es: »Ausgelöst wurde der Auftrag durch die beabsichtigte Neuordnung eines Teiles der Insel Sylt mit Hilfe eines Regionalplanes. Im Zuge dieser Neuordnung wird erwogen, das Gebiet des gesamten Ellenbogens aus dem Naturschutzstatus zu entlassen und in ein Landschaftsschutzgebiet umzuwandeln. Der Landesbeauftragte für Naturschutz und Landschaftspflege, Prof. Dr. Emeis, führte in seiner Stellungnahme vom 11.11.1964 hierzu folgendes aus: Auf der Betonstraße, die heute der Länge nach durch die Lister Dünen führt, stauen sich an Sommertagen … Tausende(!) von Autos.

Die Insassen dieser Wagen streben von der Straße in die Dünen und quer durch dieselben an den westlichen Außenstrand, um dort zu baden und in den Randdünen zu lagern. Die Forderungen, die man an ein Naturschutzgebiet auf Grund des Reichsnaturschutzgesetzes zu stellen hat, lassen sich mit einem solchen, der Massenerholung dienenden Gelände gar nicht verwirklichen. … Wohl aber lässt sich hier die Landschaft mit ihrem einmaligen Erlebniswert für den Binnenländer erhalten, wenn man diesen Dünenbezirk gemäß § 5 und 19 RNG zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Die zu erlassende Landschaftsschutzverordnung wird auch ein absolutes Bauverbot enthalten müssen.«37

Soweit die Beurteilung der damaligen Situation durch den Landesbeauftragten für Landschaftsschutz und Landschaftspflege des Landes Schleswig-Holstein. Dem Schreiben kann man entnehmen, dass auch in den 60er Jahren der Naturschutz in der politischen Bewertung eine zu vernachlässigende Größe war.

Warum trotz dieser Bewertung in erster Linie gegen den Verkauf von Teilen des Naturschutzgeländes und damit gegen die Lister Bebauungspläne Fl bis F3 von der obersten Naturschutzbehörde Einspruch erhoben wurde, ist nicht ganz einsichtig. Man hätte ja auch versuchen können durch die Beanspruchung eines Vorkaufsrechtes den Naturschutz auf dem Gebiet zu erhalten.

In der Auswertung des Gutachtens von Prof. Buchwald kommt die Bundesanstalt zu einer interessanten Feststellung: »Die Schönheit weiträumiger Nord-Sylter-Dünengebiete bedeutet in psychischer und bioklimatischer Sicht einen ungeahnt großen Erholungswert für den überreizten Menschen, der Erholung sucht. Daher hat das Listland, wie von den Kurverwaltungen ausdrücklich betont wird, zugleich einen hohen wirtschaftlichen Wert – allerdings nur, wenn sein heutiger Charakter erhalten bleibt.«38

Wirtschaftlicher Wert?

Für wen ist zu fragen: Schließlich müssen die Kurverwaltungen nicht einmal für die Beseitigung der Schäden, die ihre Kurgäste im Naturschutzgebiet anrichten, mit ihrem Kurtaxaufkommen gerade stehen.

Das von der Landesregierung Schleswig-Holstein in Auftrag gegebene »Gutachten zur Struktur und Entwicklung der Insel Sylt« aus dem Jahre 1974 kam zum Ergebnis, dass eine Obergrenze der Aufnahmefähigkeit Sylts bei 100 000 Personen liegt (Einheimische und Gäste) und »bereits heute auf der Insel kritische Belastungsgrenzen überschritten sind und so langfristig der Bestand der Insel in seiner Fremdenverkehrsfunktion gefährdet ist … Das erfordert die Einleitung und Durchführung von Restriktionen.«39

Es ist schon recht seltsam: Ganz Sylt kann ruhig zersiedelt werden. Immer »rin in die Lister Wanderdünen« mit den Kurgästen. Hauptsache, unser »Hinterland« Nord-Sylt bleibt uns erhalten. Nicht Verkehrsvermeidung, sondern Verkehrsförderung ist das Ziel der Bemühungen in dieser Zeit.

Die Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege lehnte allerdings in ihrem Gutachten eine Herabstufung des Ellenbogens von einem Naturschutzgebiet in ein Landschaftsschutzgebiet strikt ab.

Sie empfahl bereits 1965 folgende Maßnahmen für den Dünenschutz und die Landschaftsplanung: »Die Entwicklung des stark zunehmenden Fahr-, Reit- und Fußgängerverkehrs lässt es dringend erforderlich erscheinen, durchgreifende Maßnahmen zur Lenkung des Verkehrs außerhalb der Ortschaften zu treffen:

Anlage einer ausreichenden Anzahl von Parkplätzen, jedoch keine langestreckten Parkstreifen. Bau von hölzernen Laufstegen zu den Parkplätzen, zum Strand und zu wenigen Aussichtspunkten. Generelles Park- und Halteverbot in den Dünen. Park- und Campingverbot beiderseits der Betonstraße auf dem Ellenbogen. Beschränkung des Reitsports auf Wege.«

In seinem Sondergutachten »Naturschutz für Nord-Sylt« appelliert Prof. Ankel an das Land Schleswig-Holstein: »Die oberste Naturschutzbehörde sollte zu der Einsicht kommen, dass der Naturschutz von Nord-Sylt nicht irgendeine Streitfrage im Widerstreit von Naturschutzverordnungen und Interessengruppen, sondern ein nationales Anliegen ist«.40 In seinen Ausführungen sagt er: »Die Bundesrepublik blamiert sich mit dem was sie dort geschehen lässt, vor dem Ausland! Das Ausland, die Vereinigten Staaten, Holland, die skandinavischen Länder geben uns immer wieder Beispiele dafür, wie es gelingt, durch einen wissenschaftlich unterbauten, konstruktiven, verantwortungsvoll gelenkten Naturschutz urtümliche oder von Menschen harmonisch geprägte Landschaften in ihrer Eigenart und Harmonie zu erhalten und sie dabei gleichzeitig als ideale Erholungsräume für Erholungssuchende zu öffnen.

Es wäre wirklich ein für die Bundesrepublik beschämendes Schauspiel, wenn eine Zerstörung, die von den Diktatoren aus militärischen Gründen rücksichtlos begonnen wurde, vollendet würde in einem demokratischen Staat mit seiner freien Wirtschaft, weil hier mal wieder ,frei‘ mit ,bedenkenlos‘ und ,hemmungslos‘ verwechselt wurde!«41

Das Gutachten der Bundesanstalt aus dem Jahre 1965, das den geballten wissenschaftlichen Sachverstand der Bundesrepublik einbezogen hatte, verfehlte bei der Landesregierung von Schleswig-Holstein seine Wirkung nicht. Der Naturschutzstatus des Ellenbogens blieb erhalten. Park­plätze wurden an der alten Atlantikwallstraße gebaut und von dort führten Holzstege, später Kieswege, zum Weststrand.

Die Beseitigung des Parkstreifens längs der Straße nach dem Bau der Parkplätze provozierte einen Aufstand der Kurgäste. Nackt und mit Schaufeln bewaffnet machten sie sich an die Arbeit. Sie zerschnitten den Stacheldraht und beseitigten den bereits aufgeschütteten Wall.

Die Lister Gemeindevertreter dachten Ende der 60er Jahre, die Atlantikwallstraße, nunmehr zur Gemeindestraße herabgestuft, brauchen wir nicht mehr zur Versorgung des Ortes. Wir widmen sie um als Fußgängerweg, als Weg für Fahrräder und als Zufahrt zu den (gebührenpflichtigen) Parkplätzen. Gesagt, getan.

Zeitzeugen berichten, dass der Landrat des Kreises Südtondern als Kommunalaufsichtsbehörde diese Entscheidung der Entwidmung oder Umwidmung der »Atlantikwallstraße« genehmigte. Er wollte der armen Gemeinde List eigene Einnahmen verschaffen, das heißt einen Ausgleich für die Belastungen des Gemeindegebietes durch den Massentourismus bieten.

Es waren die Kurverwaltung Westerland bzw. die Stadt Westerland, die massiv protestierten bzw. vor dem Verwaltungsgericht gegen diese Entscheidung mit der Begründung klagten, dass diese in Gemeindebesitz übergegangene Atlantikwall- oder Weststrandstraße schließlich mit öffentlichen Mitteln gebaut worden sei und dem freien Zugang zu den Stränden zu dienen habe.

Der Landrat widerrief seine Entscheidung auf »Anordnung«. Der genaue Hergang der für die Entwicklung des Ortes List entscheidenden Angelegenheit ist nicht mehr nachprüfbar. Akten sind nicht auffindbar oder vernichtet. In List sind sie offensichtlich auf die Müllkippe gewandert, in Westerland weder in der Stadtverwaltung noch im Sylter Archiv zu finden und auch die Kommunalaufsicht Nordfriesland meldet »Fehlanzeige«. Das Kreisarchiv schreibt am 1.9.1992 unter anderem: »Leider sind aus dem Kreis Südtondern kaum Akten erhalten, da anlässlich des Umzugs der Kreisverwaltung von Niebüll nach Husum nicht mehr benötigte Akten in einem sehr großzügigen Ausmaß vernichtet worden sind. Im Archiv ist daher dieser Vorgang nicht dokumentiert.«

Lediglich aus Kulanz wurde Anfang der 70er Jahre der Einführung einer Inselkurkarte insbesondere durch die Gemeindevertretung Westerland und die Vertretungen der »strandlosen« Vorgängergemeinden von Sylt-Ost zu­ gestimmt. Man beabsichtigte durch das zusätzliche Finanzaufkommen die Gemeinde List für die extreme Nutzung ihres Gemeindegebietes durch den Autoverkehr, die Dünen- und Strandnutzung sowie die ihr durch den Fremdenverkehr der anderen Inselorte entstehenden Kosten angemessen zu entschädigen.

Fremdenverkehrswerbung: Wanderdünen sind zum Wandern da

Das Gutachten von Prof. Ankel, »Naturschutz für Nord­ Sylt« führt zu dem Thema Kurbetrieb aus: »Das historische Verdienst der Landbesitzer in List an der Herstellung und Erhaltung des Sekundärzustandes, damit auch von Resten des Primärzustandes, sollte nicht nur moralisch und öffentlich, sondern auch juristisch und materiell an­ erkannt werden. Die augenblickliche Situation wider­ spricht jedem gesunden Rechtsempfinden: Nord-Sylt übt, so wie es zur Zeit noch ist und dadurch, dass es so ist, eine starke Anziehungskraft auf die Sommergäste aus und mit kilometerweiten Stränden und urtümlichem Dünengelände wird von den Kurorten Propaganda gemacht. Behandelt aber wird dieses Gelände so, als gehöre es jedermann oder niemandem«.42

An diesem Zustand hat sich allerdings seit 1965, dem Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens, nichts geändert. Es hat sich nichts geändert, weil man an diesem Zu­ stand in den anderen Sylter Gemeinden offensichtlich auch nichts ändern will: Die langjährigen Überlegungen zum sog. ,,Integrierten Inselschutzkonzept« scheinen im Sande zu verlaufen. Im Lister Dünensand?

Jedenfalls ist nach Ansicht auch von Werbemanagern der Bundesbahn und der Lufthansa weder die Westerländer Kurpromenade noch der Lister Hafen interessant, son­dern nur das private, unter Naturschutz stehende Listland: »Bevor wir unsere lange Wanderung durch Deutsch­land fortsetzen, machen wir noch einen Abstecher nach Sylt, auf die Lister Wanderdünen und ins grüne Binnenland.«43 Einmal im Urlaub wenigsten sollte sich der Sylter Tourist ein »Besteigen« der Lister Wanderdünen gönnen.

Die Angebotskonkurrenz der Fremdenverkehrsorte über­ all in Deutschland und der Welt ist stärker geworden, zumal die hohen Wachstumsraten im Fremdenverkehr vorüber zu sein scheinen. Es werden touristische Fehl­ und Überinvestitionen erkennbar, die bei knapper kalkulierten Urlaubsausgaben und der Zunahme von Kurzreisen und aktiver Naherholung wahrscheinlich künftig den Haushalten der Kurorte mehr und mehr rote Zahlen be­ scheren werden. Kurtaxanhebungen scheiden bei dem Sylter Niveau wohl aus Selbsterhaltungsgründen aus.

Die Veränderungen der Urlaubs- und Erholungswünsche deuten Freizeitforscher auch als Folge eines möglichen »Wertewandels«. Es wird vom Ideal einer neuen »Einheit des Alltags« gesprochen. Wenn auch für unterschiedliche Touristen, zum Beispiel den Sporttyp, den Wandertyp, den Unterhaltungstyp, den Badereisenden und den Bildungstyp eine geeignete Vorsorge getroffen werden muss, damit er sich in seinem Urlaub wohlfühlen kann, so gefährdet der technisierte und infrastrukturell aufwendige Massentourismus die eigenen Ressourcen des Fremdenverkehrs.

Zunehmend wird Massentourismus nicht nur von der wirtschaftlichen Bedeutung für die Tourismusgebiete her gesehen, sondern seine sozialkulturellen und ökologischen Auswirkungen werden kritisch analysiert.

Dabei wird deutlich, dass nicht nur das Touristenverhalten, sondern vor allen Dingen das kurzsichtige Entwicklungsdenken des Tourismusgewerbes in den Fremdenverkehrsorten sowie die an »touristischen Funktionsräumen« orientierte Regionalpolitik veränderungsbedürftig sind.

Wenn auf Sylt doch nun wenigsten nicht mehr mit den Naturschutzgebieten und Bildern, die menschenarme Heide- und Dünenlandschaften darstellen, geworben würde!

Der Naturschutzexperte Zundel fordert für Naturruhezonen – ähnlich wie in Naturschutzgebieten – auch tags­über ein Wegegebot.44

Mit anderen Worten: Auf Sylt, speziell im Naturschutz­ gebiet Nord-Sylt, ist es ein seit Jahren offenbar unerreichbares Ziel, wenige Wanderwege zu schaffen, damit sich nicht jeder seinen eigenen Weg bahnen muss, was offen­ sichtlich in anderen Naturschutzgebieten Deutschlands nicht (mehr) diskutiert zu werden braucht.

Im Gegenteil. Durch eine gesetzestechnische Unacht­samkeit haben sich die Verhältnisse verschlimmert. Selbstkritisch schreibt der Minister für Natur, Umwelt und Landesentwicklung des Landes Schleswig-Holstein am 30. Oktober 1992 zum Problem der Betretungsregelung im Naturschutzgebiet Nord-Sylt, Kreis Nordfriesland: »Grund dafür, dass ein Betretungsverbot außerhalb der öffentlichen Wege in der Naturschutzgebietsverordnung nicht ausgesprochen wurde, war die zum Zeitpunkt der Verkündung der Naturschutzgebietsverordnung bestehende naturschutzrechtliche Situation.

Nach § 41 des damaligen Landschaftspflegegesetzes von 1973 bestand ein generelles Betretungsverbot von Dünen und Strandwällen außerhalb öffentlicher Wege, das in der Landesverordnung über das Naturschutzgebiet 1980 nicht noch einmal festgeschrieben werden musste. In der Novellierung des Landschaftspflegegesetzes von 1983 entfiel jedoch in § 38 das generelle Betretungsverbot von Dünen und Sandwällen, so dass das uneingeschränkte Betreten des Naturschutzgebietes Nord-Sylt möglich wurde. In der anstehenden Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes wird angestrebt, diese Betretungsregelung in Naturschutzgebieten jedoch wieder den Naturschutzerfordernissen anzupassen und ein Betreten der Naturschutzgebiete außerhalb der öffentliche Wege grundsätzlich zu untersagen. Inwieweit dieses letztendlich Bestandteil des Gesetzes sein wird, bleibt dem weite­ren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.«

Der Slogan »Auf Sylt ist alles anders!« ist hinsichtlich der mangelhaften Durchsetzung des Naturschutzes in Naturschutzgebieten also durchaus zutreffend, aber … Langsam beginnt sich ein neues Verständnis von Tourismuspolitik durchzusetzen. Das Leitbild des »sanften« Tourismus orientiert sich politisch nicht mehr nur an wirtschaftlicher und technischer Zweckmäßigkeit, sondern fordert eine intakte Umwelt unter Beachtung sowohl der Bedürfnisse der Touristen, als auch der der einheimischen Bevölkerung.

Viel wird über den »sanften« Tourismus geredet. Leider ist das »Vollzugsdefizit« gerade auf Sylt bedrückend, wie insbesondere die jahrelange Diskussion um das »Integrierte Inselschutzkonzept« mit der Schaffung eines Nahverkehrs, der den Verzicht auf das Auto nahelegt bzw. überhaupt erst erwägenswert erscheinen lässt, beweist.

»Für Gebiete mit touristischer Vorrang – oder Monostruktur und entsprechend hohen Belastungen durch einen »harten« Tourismus – wie an der Nordseeküste – geht es um ein Abrücken von der bisherigen Entwicklung. Der Mangel an Arbeitsplatzalternativen schafft dafür allerdings nur wenig Spielraum. An erster Stelle sollte der kompromisslose Kampf gegen die touristische Gefährdung von Natur, Gewässern und bedrohten Tieren und Pflanzen stehen. Dabei kann an Wandlungen im Problembewusstsein vieler Touristen angeknüpft werden« heißt es in den Thesen zum Fremdenverkehr.45

Zur Zusammenarbeit zwischen Fremdenverkehr und Naturschutz vertritt Georg Fritz die Ansicht, dass der Fremdenverkehr als Branche und der Naturschutz eigentlich ein gemeinsames Ziel haben müssten, um die Übernutzung des Kapitals »landschaftliche Schönheit« zu verhindern. In der Praxis »verfolgt der Fremdenverkehr aber vorwiegend kurzfristige, materielle Ziele. Die Fremdverkehrsprodukte Erholung bzw. Erlebnis, Spaß, Bildung in Natur und Landschaft sollen Gewinn bringen, dadurch Existenzen sichern und zur Strukturverbesserung des ländlichen Raumes beitragen.

Die ,weiße Industrie‘ unterliegt wie jeder andere Produktionszweig bestimmten ökonomischen Regeln, deren oberste Regel , wirtschaften, um Gewinne zu machen‘ heißt. Voraussetzung dafür ist, dass dem Ausflügler oder Urlauber ein bedarfs- bzw. konsumgerechtes Angebot gemacht werden kann, dem einen der Freizeitpark mit Superrutschbahn, dem anderen Oasen der Stille mit Orchideenwiesen und beschaulichen Ausblicken auf unverbaute Landschaften …«46

Die Bestrebungen der Fremdenverkehrsbranche, vorgeblich ökologisch zu handeln, sind im Prinzip mit den Werbesprüchen der Autoindustrie und Autofahrerlobby und deren Sorge um die Möglichkeit des Autofahrens zum Vergnügen in schöner Landschaft zu vergleichen. Unterschiede bestehen allerdings darin, dass der Verlust landschaftlicher Schönheit für die Autoindustrie weniger gravierend ist als für die weiße Industrie, dem Haupterwerbszweig der Menschen auf der Insel.

Ein bedarfsgerechtes Angebot für Touristen ist beispielsweise mit Sicherheit der »Intensivkurs in Wattdeutsch«, die Nationalparkexkursionen mit dem Schiff ADLER IV zwischen Hörnum und Langeneß. Dabei werden die Exkursionsteilnehmer von Biologen sachkundig, engagiert und pädagogisch geschickt durch das nordfriesische Wattenmeer geleitet.47

Auch die geführten Fahrradtouren mit dem Natur­ schutzbeauftragten der Bädergemeinschaft, die von Kurverwaltungen angebotenen oder gesponserten Wattführungen, die vogelkundlichen Exkursionen und andere Aktivitäten mehr sind erste Versuche auf Sylt Ökonomie und Ökologie miteinander zu versöhnen.

Picknick in den Dünen beispielsweise ist kein Kavaliersdelikt, aber der Westerländer Kurdirektor muss (fast resigniert) den misslichen Sachverhalt bestätigen: »Da scheint sich niemand mehr an irgendwelche Regularien zu halten«. Er stellt auch fest, dass die Grenzen des Wachstums erreicht sind und man aufpassen müsse, dass die Hochsaison nicht wie ein Krebsgeschwür wuchere: »Bei uns darf während der Hochsaison keine Kapazitätsausweitung mehr stattfinden.« Dieser Ansicht waren Gutachter allerdings bereits1974.Sie akzeptierten eine naturverträgliche Kapazitätsobergrenze von100 000 Einheimischen und Fremden.

Heute rollen in der Hochsaison ständig ca. 20 000 Autos über die 36 Kilometer lange Insel. Sylt zählte (1992) 6,1 Millionen Übernachtungen, 560 000 Gäste und es hat offiziell 49 000 Betten.48

Festzuhalten ist, dass bereits1974 durch die von der Landesregierung beauftragten Sachverständigen die Einleitung von Restriktionen gefordert wurde. Unterstellt man eine Belegung der Sylter Gästebetten von ca.120 Tagen im Jahr, so wurde die1974 festgestellte Kapazitätsobergrenze von 100 000 Menschen in der Hauptsaison 1992 um mehr als das Fünffache überschritten.

Man nehme sein Rad auf den Buckel …

Ausgehend vom Fahrradweg auf der alten Inselbahntrasse zwischen Kampen und List führen Fahrradspuren zur hohen Düne – hören plötzlich auf … Trittspuren … Das darf doch wohl nicht wahr sein! Es ist wahr! Kein Einzelfall!

Radler schultern ihr Rad auf dem Buckel, steigen die Dünen hinauf und genießen bei herrlichem Rundblick ihr Picknick. Fahrradfahrer sind eben sportliche Leute.

Die von einem Lister Naturfreund ertappten Radler waren aber offensichtlich nicht von alleine auf die Idee gekommen, auf die Dünen zu steigen. Ihre Vorgänger hatten bereits eine Sandkuhle geschaffen und leere an­gerostete Coca-Cola-Dosen und Glasscherben inmitten der Dünen des Lister Naturschutzgebietes hinterlassen.

In den Wintermonaten hat der Wind somit eine neue Angriffsfläche und Glasscherben können wie Brenngläser wirken. Gefahr im Verzuge!

Fahrradverkehr kann also nicht in jedem Fall als umwelt- und naturschutzverträglich und damit förderungswürdig angesehen werden. Dabei ist es keine Frage, dass der innerörtliche Verkehr in den Sylter Ortschaften weitgehend durch die Schaffung von Fahrradwegen vom Autoverkehr entlastet werden muss. Ohne Gefährdung sollten Kinder mit dem Fahrrad in die Schule fahren können, auch wenn sie einen Umweg in Kauf nehmen müssen. Die Lösung dieser innerörtlichen Probleme ist eine kommunalpolitische Aufgabe ersten Ranges.

Die Regionalplanungsverantwortlichen sollten aber zur Kenntnis nehmen, dass eine gemeinsame Wegeführung für Fußgänger und Radfahrer dem Verkehrsfrieden wenig zuträglich ist. Wenn Autofahrer und Radfahrer gemeinsam eine Straße benutzen müssen, ist das ein unverträglicher Zustand. Aber es ist reiner Euphemismus, von einem »Weg der Höflichkeit11 zu sprechen, wenn Wanderer und Fahrradfahrer sich einen Weg teilen müssen.

Im Normalfall spielt der Fahrradfahrer gegenüber dem Fußgänger seine Überlegenheit genauso aus, wie der Autofahrer gegenüber dem schwächeren Radfahrer.

Wenn ein Fahrrad oder mehrere Fahrräder nebeneinander heranbrausen, müssen die Wanderer ohnehin wie die Hasen zur Seite springen. Da machen diese sich – jedenfalls im Außenbereich – doch lieber gleich einen eigenen Weg und im empfindlichen Gelände beginnt ein neuer Trampelpfad zu entstehen.

Der Bau von Fahrradwegen ist bei dem derzeitigen Sylter Verkehrsaufkommen sehr wichtig. Aber warum die Fahrradwegeplaner an der LIO 24 zwischen Kampen und List überhaupt auf die Idee kamen, den neuen asphaltierten Weg auf das Straßenniveau anzuheben, ist eigentlich, vom Standpunkt des Fahrradfahrers und des Naturschützers, aber auch von den Finanzverantwortlichen aus gesehen, nicht nachzuvollziehen.

Wahrscheinlich sollte der Fahrradweg lediglich die erste Ausbaustufe für eine dritte Autospur in das Listland sein. Immerhin wurde die Westerländer Umgehungsstraße vierspurig gebaut.

Eine andere Frage ist, ob nicht eine strikte Benutzertrennung der beiden demnächst vorhandenen Fahrrad-Fußgängerwege »im Überlandbereich« zwischen Kampen und List erfolgen müsste. Wanderer auf die alte idyllische Inselbahntrasse, Fahrradfahrer auf die asphaltierte und parallel der LIO 24 laufende »Rennstrecke«, die bis zum Lister Hafen geführt werden muss. Damit hätten die Radler ein attraktives Ziel für ihre sichere Fahrt. Auch Wanderer könnten zufrieden sein.

Durch eine derartige Benutzertrennung wäre vermutlich auch das Problem gelöst, dass die sportlichen Radfahrer nicht umhin kommen, ihr Rad auf den Buckel nehmen zu »müssen«, um sich auf den Dünenkuppen von ihren körperlichen Strapazen auf dem Lehm-Kies-Weg Kampen-List ausruhen zu können.

Festzuhalten ist, dass es auch einen öffentlichen Nahverkehr gibt. Der Personennahverkehr ist auf Sylt, bis auf wenige notwendige Strecken, wie die Anbindung der Lister Strandhalle an den Ort List im Winter, relativ gut ausgebaut. Er ist aber unverhältnismäßig teuer.

Die Einführung einer Umweltjahreskarte zum Maximalpreis von DM 40 / monatlich für Fahrten zu bestimmten Tageszeiten wäre zwecks Entlastung der Straße vom Autoverkehr sinnvoll. Werbung vermag viel. Es muss ein­fach schick werden, eine Jahresumweltkarte zu besitzen. Wenn darüber hinaus beispielsweise der Fahrer jedes Autos, das auf die Insel übersetzt, eine Zehnerkarte We­sterland-Hörnum oder List (DM 40) zum Preis von 60 DM erwerben müsste, könnten 20 DM in einen Nahverkehrsfonds fließen. Für Zwecke der Subventionierung unrentabler Strecken bzw. der Jahresumweltkarten wäre Geld vorhanden. Bei ca. 300 000 übergesetzten Autos im Jahr könnte dieser Fonds immerhin über 6 Mio. DM verfügen. 1992 sollen sogar ca. 600 000 Autos auf die Insel übergesetzt worden sein: Realistisch geschätzte Fondseinnahmen also ca. 12 Mio. DM.

Viele Autofahrer würden durch eine derartige Maßnahme angeregt, ab und an auf ihr Auto oder Fahrrad zu verzichten und den Bus zu nehmen.

Mindestens 20 000 Autos rollen in der Hochsaison über die Sylter Straßen. Täglich. Daher können Busverspätungen nicht ausgeschlossen werden. Fernzüge müssen jedoch pünktlich abfahren. Politischer Handlungsbedarf ist angezeigt. Ist Verkehrsberuhigung auf Sylt wirklich, wie allseits beteuert, ein politisches Ziel?

Die Vertreibung der Surfer vom Ellenbogen

Winderosionen und Sturmfluten führen zu Schäden. Sie sind insofern natürlich, wie das Schadbild nicht Folge einer menschlichen Fehlplanung ist, die zu Substanzverlusten führen »muss«.

Durch geeignete Maßnahmen des Küstenschutzes innerhalb der sog. 50-Meter-Zone nach Maßgabe der Landesverordnung über den Schutz der Deiche und Küsten werden diese Maßnahmen vor allen Dingen an der Westküste Sylts durch das Amt für Land- und Wasserwirtschaft Husum, Baubezirk Sylt, durchgeführt. Diese Küstenschutzmaßnahmen dienen zugleich dem Naturschutz, obwohl sie sich vor allem auf die Errichtung und Sicherung einer künstlichen Vordüne und der Randdüne beschränken.

Viele Jahre waren die Surfer, die vom Ellenbogen aus mit ihren Brettern zu Fahrten vorwiegend im Königshafen starteten, für die Naturschützer im Lande ein Ärgernis.

Die Surfer bereiteten ihre Surfbretter in den Dünentälern am Königshafen zum Einsatz vor. Es entstanden dadurch Schäden an der Dünenvegetation, denn der Transport der Bretter erfolgte auf einer Breite von mehreren hundert Metern in Richtung Surfrevier am Königshafen durch die unter Naturschutz stehenden flachen Dünentäler und Salzwiesen.

Trockenrasenflächen wurden durch das Abstellen von Transportfahrzeugen für die Surfbretter »zweckentfremdet«. Damit ist es nun vorbei.

Ein amtliches Verbotsschild wurde aufgestellt.

Gerade am Beispiel der Situation auf dem Ellenbogen lässt sich der Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie besonders gut darstellen.

Zwischen Texel, der niederländischen Insel, und Fanö in Dänemark gibt es keine, dem Nehrungshaken Ellenbogen auf der Insel Sylt vergleichbare Landschaft. Er ist Privateigentum und steht unter Naturschutz und zwar seit dem Jahre 1923. Lange Jahre war er vor den Eingriffen der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg besonderes Vogelschutzgebiet und durfte nur mit Genehmigung betreten werden.

Hier finden sich einmalige Primär-und Sekundärdünenbildungen einschließlich der dadurch bedingten Vorkommen von schützenswerten Pflanzen- und Tiergesellschaften. Die Stranddistel hatte hier ihren Standort. Hier finden sich Salzwiesen und Strandflieder und Grasnelken, vielerlei Vögel und Schafe.

Die Überflutung des Ellenbogens durch den Sylter Massentourismus dürfte in erster Linie eine Flucht der Touristen vor den extrem hohen Kurtaxabgaben auf der Insel sein. Westerland fordert beispielsweise DM 5,30 je Tag in der Hauptsaison und eine Tageskarte kostet sechs Deutsche Mark. Bad Kohlgrub in Oberbayern, einmalig schön zwischen Murnau und Oberammergau gelegen, begnügt sich mit einer Kurtaxe von DM 1,80 und einem mindestens vergleichbaren Angebot in der Hauptsaison.

Bei dieser Sachlage ist es erheblich günstiger, mit einem voll besetzten Auto für fünf Deutsche Mark einen ganzen Tag auf dem Ellenbogen zu parken, dort seinen Picknickabfall abzuladen und die Dünen durch Fäkalien zu überdüngen.

Die Listlandeigner, die an ihrer privat finanzierten Straße eine Mautgebühr in dieser Höhe für jedes Auto kassieren, werden jedoch als Halsabschneider diffamiert. Es kommt allerdings kaum ein Ellenbogenbesucher auf die Idee, den Bus von Westerland bis zur Strandhalle zu benutzen und dann auch noch zu laufen und Gepäck zu schleppen. Das wäre auch viel zu teuer. Eine Fahrt Westerland bis zum Lister Hafen kostet pro Person eben­ falls fünf Deutsche Mark und vom Hafen bis zur Strandhalle noch einmal DM 1,60.

Wenn vier Personen, d. h. ein voll besetztes Auto, mit dem Bus bis zur Lister Strandhalle transportiert werden und auch wieder nach Westerland zurückfahren, fehlen 52,80 DM in der Reisekasse. Da lässt sich die Mautgebühr doch leichter – trotz Protestes – verschmerzen.

Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums kann sicher nicht so weit gehen, dass die Listlandeigner verpflichtet wären, gänzlich auf Einnahmen aus ihrem Eigentum zu verzichten und darüber hinaus mit ansehen zu müssen, wie ihr unter »Naturschutz« stehendes Eigentum durch den sich auf Sylt entwickelnden Massentourismus zerstört wird.

Wenn der Tourist ohnehin das Gebiet nur als wertloses Ödland betrachtet, es mit Trampelpfaden durchzogen wird und Flora und Fauna gestört und zerstört werden, ist es doch selbstverständlich, dass auch die Eigentümer ein kleines Stück von dem Sylter Tourismuskuchen essen wollen. Härter als auf dem Sylter Ellenbogen können Ökonomie und Ökologie überhaupt nicht aufeinanderprallen.

Was ist zu tun? Ein Blick in das Hauptbuch der Nation könnte vielleicht eine Problemlösung anbieten: Im Bundeshaushaltsplan 1992 steht auf der Seite 42 des Einzelplanes des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geschrieben, dass zur Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung vierzig Millionen DM Bundesmittel bereitgestellt werden. Sie können auch für eine langfristige Pacht von Flächen ausgegeben werden. Mit dieser Kostenbeteiligung des Bundes sollten »anhaltende Gefährdungen in Gebieten mit herausragender Bedeutung unterbunden werden«.

Der Ellenbogen ist mit Sicherheit so ein Gebiet mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung.

Warum pachtet die obere Landespflegebehörde Schleswig-Holsteins nicht das gesamte Listland langfristig und sperrt den Ellenbogen für jeglichen Tourismusverkehr? Dann würden dort in kurzer Zeit neben einigen Schafen auch wieder Seevögel und die silbrige Stranddistel heimisch werden.

Es genügt doch völlig, wenn von den Naturschutzorganisationen oder auch der biologischen Anstalt ab Strandhalle List geführte Wanderungen angeboten werden. Dafür ist die Infrastruktur ausreichend.

Kurgäste und Einheimische können auch von dem hohen und durch die Bundeswehr befestigten Ellenbogenberg hinter der Strandhalle einen herrlichen Rundblick über das Gebiet genießen, um danach auf der Terrasse der Strandhalle gemütlich ihren Kaffee zu trinken.

Über den Pachtpreis dürfte durchaus eine Einigung mit den Listlandeignern zu erreichen sein. In der Bundesrepublik Deutschland gilt normalerweise das Prinzip der Besitzstandswahrung und im landwirtschaftlichen Bereich geben Pachtpreise für nutzbare Flächen Hinweise und Anhaltspunkte. Parkplatzflächen auf dem Ellenbogen der Insel Sylt dürften also durchaus als »Sonderkulturen«, also wie ein Weinberg beispielsweise, einzuordnen sein.

Vielleicht wird die Entwicklung in den nächsten Jahren für den Naturschutz in Schleswig-Holstein positiver verlaufen als bisher.

Zwar sind im Haushalt Schleswig-Holstein 1992 nur 14 Mio. DM für Flächenankäufe und für Renaturierungsmaßnahmen ca. 11 Mio. DM bereitgestellt worden. Aber im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegegesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur – Landesnaturschutzgesetz – LNATSchG) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften ist die Schaffung einer »Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein« vorgesehen (§ 47). Sie hat unter anderem die Aufgabe, »für den Naturschutz besonders geeignete Grundstücke in Schleswig­ Holstein zu erwerben, langfristig anzupachten oder den Erwerb oder die Anpachtung solcher Grundstücke durch geeignete Träger zu fördern.«

In der Denkschrift zu diesem, wahrscheinlich im Frühjahr 1993 zu verabschiedenden Gesetz zum Schutz der Natur heißt es sehr richtig: »Naturschutz kann von der öffentlichen Hand nachhaltiger betrieben werden als von Privateigentümern, die vielfältigen Nutzungsverlockungen ausgesetzt sind.

Außerdem sind die erforderlichen Eigentumsbeschränkungen durch Maßnahmen des Naturschutzes nicht über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums durchführbar.«49

Nach dieser Formulierung ist allerdings zu fragen, ob politisch nur »Naturschutzerwartungsland« anvisiert wird oder ob auch die ältesten Naturschutzgebiete Schleswig-Holsteins in die Stiftungsaktivitäten einbezogen und schließlich in welcher Höhe überhaupt Stiftungsmittel bereitgestellt werden.

Landschaftswarte

Das Naturschutzgebiet Nord-Sylt in einer Größe von 1796  ha oder 10 184 Preußische Morgen oder 17,96 Mio. qm wurde am 3. April 1923 unter Schutz gestellt. Sicher sind seit der letzten Vermessung etliche Quadratmeter in den Nordseefluten verschwunden, andere wurden – zum Bei­ spiel in der Schweinebucht – auch wieder angespült. Es bleibt festzuhalten: Dieses Naturschutzgebiet ist sehr groß, mit seinen Heidetälern und Wanderdünen, Graudünen und Sonnentaustandorten und Krähenbeerenfeldern äußerst vielgestaltig. Es wird aber immer noch von Einheimischen und Kurgästen weitgehend als reines »Hinterland«, als »Ödland«, angesehen.

Der betreuende Verein ist der Söl‘ring Foriining – Sylter Verein e. V. –, ein Verein, der sich vor allen Dingen mit Brauchtumspflege befasst, Museen unterhält und vielseitige kulturelle Aktivitäten entfaltet.

Normalerweise realisiert die Gemeinde die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege eigenverantwortlich mit dem Instrument des Landschaftsplanes, den sie selbst zu erstellen hat.50

Auf Sylt ist alles anders

Nicht die einzelnen Inselgemeinden, sondern der Landschaftszweckverband Sylt ist für die Pflege der Binnendünen auch im Naturschutzgebiet Nord-Sylt zuständig.

Er hat sich durch die Anlage von Dünenschutzwegen von der Atlantikwall- oder Strandstraße in List bis zum Weststrand in der Vergangenheit durchaus Verdienste erworben. Er wird nicht nur durch Gemeindebeiträge finanziert, sondern erhält Landes- und auch Bundesmittel für die Durchführung von Maßnahmen in allen Sylter Naturschutzgebieten. Man muss bedenken, dass der Anteil der Sylter Naturschutzgebiete an der Gesamtfläche der Insel rund 36 Prozent beträgt und damit bei weitem den Flächenanteil aller schleswig-holsteinischen Naturschutzgebiete an der Landesfläche übertrifft. Die Zielvorstellung Schleswig­ Holsteins ist, 15 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für den Naturschutz »bereitzustellen«. Derzeit sind 1,8 Prozent der Landesfläche Naturschutzgebiet.51

Man kann verstehen, dass diese Flächen in List Begehrlichkeiten jeglicher, insbesondere touristischer und militärischer Art entstehen lassen.

»Immer rin in die Lister Dünen!«

Eine effektive und wirksame Durchsetzung des Naturschutzes ‚im Naturschutzgebiet Nord-Sylt ist ohne massive Unterstützung von Land und Bund fast undenkbar.

Rund ein Drittel der Inselfläche ist von Dünenlandschaften geprägt, etwa 75 Prozent der Sylter Naturschutzgebiete sind Dünen. Es sind genau 2 700 ha, davon allein 1 796 ha auf dem Lister Gemeindegebiet. Nur rund 900 Hektar geschützter Dünen entfallen auf die nachfolgenden Orte: Kampen, Wenningstedt, Braderup, Westerland, Keitum, Morsum, Archsum, Rantum, Tinnum, Hörnum. Im Landschaftszweckverband – bei der Entscheidung über notwendige Pflegemaßnahmen und bei knappen Kassen – dürften die zehn Orte aber entschieden mehr Gewicht haben als die Gemeinde List und auch mehr, als es ihrem Anteil an geschützten Dünen entspricht.

Auch das erklärt den erbärmlichen Zustand des Lister Naturschutzgebietes.

Das jüngste Beispiel zur Illustrierung der Verhältnisse ist das im übrigen sehr verdienstvolle und im Auftrag des Landschaftszweckverbandes Sylt erstellte »Konzept zur Neuordnung der Besucherlenkung in den Sylter Dünen«.52 Wie einfach wäre doch alles: Denn wenn das Lister Gemeindegebiet rund 2 / 3 aller unter Naturschutz stehen­ den Dünenflächen auf Sylt umfasst, müssten nach Adam Riese auch zwei Drittel der Finanzmittel, die für die Pflege der naturgeschützten Sylter Dünen vorgesehen sind, in Maßnahmen fließen, die dieses Lister Gebiet sanieren und beruhigen. Oder?

Tatsächlich sollen gemäß Gutachten von den durch den Landschaftszweckverband vorgesehenen Finanzmitteln in Höhe von insgesamt 1 333 440 DM nur 457 105 DM für Lister Maßnahmen bereitgestellt werden; also nur rund ein Drittel der bereitgestellten Finanzmittel fließen nach List.

Man muss sich diese verkehrten Verhältnisse am Rand der Bundesrepublik Deutschland und der Insel Sylt einmal so richtig bewusst machen: Ein Drittel der für einen bestimmten Zweck bereitgestellten Finanzmittel werden für zwei Drittel der extrem sanierungsbedürftigen Flächen ausgegeben.

Wenn schon nur geringe öffentliche Mittel für die Pflege der Flächen bereitgestellt werden können, wäre es um so wichtiger, sie auch »gerecht«, d. h. nach der Fläche, zu verteilen. Wünsche bleiben immer.

Das spezielle Lister Dilemma spiegelt sich auch in dem für notwendig erachteten Einsatz von Landschaftswarten. Es ist Tatsache, dass der Landschaftszweckverband Sylt die Aufsicht über das 1 796 ha große Dünengebiet nur in den drei Sommermonaten und den Einsatz eines, noch dazu ehrenamtlichen, Landschaftswartes für erforderlich hält. Die Schäden im Lister Naturschutzgebiet entstehen aber durch die Wanderaktivitäten der Kurgäste überwiegend in der Vor-, Neben- oder Nachsaison. Das trittempfindliche Dünengebiet findet durch die für Sylt wirtschaftlich gewünschte Ausweitung der Tourismussaison keine Zeit und Ruhe mehr, sich zu regenerieren.

Mehrere Landschaftswarte müssten also zur »Regelung des Verkehrs« unbedingt ganzjährig eingesetzt werden. Ehemalige und in List wohnende Bundeswehrsoldaten würden sich sicher für diese Naturschutzaufgabe gewin­nen lassen.

Erschwerend für die Erledigung der Aufgaben von Landschaftswarten im Naturschutzgebiet Nord-Sylt kommt hinzu, dass in dem Gebiet zwischen den beiden Straßen keinerlei Wege ausgewiesen und beschildert sind oder sonstige Informationen oder Hinweise für das Verhalten in den Dünen gegeben werden.53 In kritischen Fällen kann der Landschaftswart nicht einmal über Funk Hilfe von der Polizei anfordern: Es gibt kein Funkgerät.

Nach dem vom Landschaftszweckverband initiierten Körkemeier-Konzepts müssten 60 bis 80 Landschaftswarte im Dünenbereich der Insel eingesetzt werden.54 In der Saison 1992 waren im NSG Nord-Sylt zwei Landschaftswarte im ehrenamtlichen Einsatz: Steigerung gegenüber den Vorjahren: »Einhundert Prozent«.

Bereits im Jahre 1987 wurde in dem Bericht über die Un­tersuchung des Naturschutzgebietes Nord-Sylt darauf aufmerksam gemacht, dass Landschaftswarte in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen und sie bei ihrer schweren Aufgabe die volle Unterstützung der Polizei, der Landschaftspflegebehörden und der Rechtsprechung haben müssen. Ein oder auch zwei ehrenamtliche Landschaftswarte, wie derzeit in der Hauptsaison im Naturschutzgebiet Nord-Sylt eingesetzt, ist entschieden zu wenig. Es heißt darüber hinaus in dem Gutachten über den Zustand des NSG Nord-Sylt aus dem Jahre 1987:

»Wenn Gerichte oder Behörden, die Verstöße gegen die geltenden Bestimmungen einer NVO zu verfolgen haben, die Verfahren in den meisten Fällen wegen Geringfügigkeit einstellen, steht es um die Motivation der Landschaftswarte und der Polizei schlecht.

Solange andererseits die Höhe eines Bußgeldes auf Grund von Ordnungswidrigkeiten im NSG das gängige Trinkgeld in der gehobenen Sylter Gastronomie erkennbar unterschreitet, werden hier kaum übersehbare Maßstäbe zu Lasten des Naturschutzes gesetzt.

Wenn hier ein konsequentes Handeln im Interesse der Durchsetzbarkeit der Bestimmungen des Naturschutzes ausbleibt, überlasse es Gesetz- und Verordnungsgeber den Besuchern der Naturschutzgebiete auf Sylt die Bestimmungen einer NVO zu ihren Gunsten auszulegen. Das Risiko, wegen des Verstoßes gegen die Bestimmungen einer NVO gestellt zu werden, und spürbare Konsequenzen aus naturschutzwidrigem Handeln ziehen zu müssen, ist auf Sylt gleich Null.55

In Anbetracht der massiven Zerstörungen im Nord-Sylter Naturschutzgebiet wurden die Versuche, die Schäden zu mindern, aufgegeben. In Einzelfällen wurden Hunde der wildparkenden Wohnwagenbesitzer auf Landschaftswarte gehetzt. »Zunächst (hat) auch die Polizei versucht, durch Erhebung von Bußgeldern gegen die Ordnungswidrigkeiten einzuschreiten.

Es darf in diesem Zusammenhang auf die Wirkung des Bußgeldes, jedoch besonders auf die Behandlung der Ordnungswidrigkeiten durch die dafür zuständigen Behörden und Gerichte verwiesen werden.

Es wundert nicht, dass Landschaftswarte und Polizei bei einem derart verschärften »Umweltbewusstsein« der für Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden und der Gerichte resignieren. Die Folgen werden die NSG zu tragen haben.«56

An den 1987 festgestellten Zuständen hat sich bis heute nichts geändert: Die Resignation ist eher größer gewor­den.

Auch die Renaturierung der durch die Bundeswehr entstandenen Schäden auf den von ihr genutzten Flächen des Naturschutzgebietes Nord-Sylt (Mannemorsumtal) wurde in den letzten Jahren nicht weitergeführt.

Mit Blick auf die anderen zerstörten Gebiete könnte der Kommandeur der Marineversorgungsschule mit Recht darauf hinweisen, dass die von der Bundeswehr genutzten Flächen sogar besser aussehen als diejenigen in unmittelbarer Ortsnähe und die lieben Kurgäste, aber auch die Einheimischen, leider durch die Strandhaferpflanzungen ohne Rücksicht auf Verluste »hindurchlatschten«.

Wozu sollte sich die Bundeswehr unter diesen Umständen in List dann für den Naturschutz engagieren? Die Mo­tivation sinkt auch auf diesem Sektor der Naturschutzpflege gegen Null.

Zu fragen ist, wer hat eigentlich ein wirtschaftliches oder sonstiges Interesse an der Zerstörung des Natur­schutzgebietes Nord-Sylt, des ältesten NSG im Lande Schleswig-Holstein?

Festzuhalten für die weitere Diskussion ist, dass es auf Sylt viel mehr Kurtaxkontrolleure gibt als Landschaftswarte und die Kurverwaltungen aus rechtlichen Gründen nicht zur Beseitigung der Trampelschäden in Naturschutzgebieten herangezogen werden können.57

Kuhlemann kommt in seinem Buch »Robinson auf Nordsee-Inseln« zu folgendem Schluss: »Die Erfahrung lehrte überhaupt, dass die vielen Sylter, die ihre Insel lieb­ten, ausgezeichnete Helfer und Mitarbeiter waren, dass aber die ,Offiziellen‘ des Sylter Naturschutzes, soweit sie amtlich tätig waren, weitgehend versagten.«58

Die Natur schlägt zurück

Tempobeschleunigung der Dünenwanderung

Vegetationslose Sandflächen innerhalb des Naturschutzgebietes Nord-Sylt, Primär- und Sekundärdünen oder deren Zerstörungsprodukte wie Windmulden, sollen – nach den Vorstellungen des Sylter Naturschutzbeauftragten – nicht festgelegt werden, es sei denn, es wird eine akute oder eine in absehbarer Zeit erkennbar werdende Objektgefährdung nachgewiesen.

Die Frage ist, sind schützenswerte »Objekte« auch Standorte des Sonnentaus und schöne Heidetäler oder nur eine Landesstraße, die LIO 24?

Zunächst dachten so ungefähr auch die Militärs in den dreißiger Jahren. Bedingt durch den Übungsbetrieb und den Bau der Festungsanlagen begannen selbst feste Graudünen wieder zu wandern. Die Verantwortlichen lernten schnell und erkannten: Dünenbau darf nicht vernachläs­sigt werden! – Sonst werden unsere Sicherheitsobjekte freigeweht oder zugeschüttet.

Bei den ideologischen Auseinandersetzungen um den Naturschutz in der Gegenwart ist leider nicht immer ganz klar, von welchen Interessen sie geleitet werden: Vom Schutz der Natur vor dem Menschen und den durch ihn verursachten Störungen, vom Schutz der Natur für den Menschen, vom Recht des einzelnen auf den Genuss freier Natur an jedem Platz, vom weitgehend ungestörten Er­ halten der Standorte und Lebensräume von Pflanzen und Tieren oder den Artenschutz.

Nach dem Gutachten der Godesberger Bundesanstalt aus dem Jahre 1965 sind jedenfalls auch die Dünenheiden im Listland einmalig und schutzwürdig.

In den letzten Jahren bedeutet die auf sechs Meter her­ untergespielte Wanderung der Wanderdünen reine »Gesundbeterei«, eine reine Schönfärberei der tatsächlichen Verhältnisse. Drei Frühjahrsstürme im Jahre 1988 reichten beispielsweise, um Teile einer durch die englische Besatzungsmacht gesprengten Straße und schöne Heidetäler zuzuschütten. Eine Sandzunge fraß sich 278 Schritt – ca. 150 Meter – in ökologisch wertvolles Gebiet. Ein Septembersturm 1992 bewirkte eine extreme Verlagerung von Sandmassen. Das Ökosystem »Wanderdüne« läuft aus dem Ruder.

Diese Beschleunigung der Dünenwanderung ist kein unvorhersehbares »Naturereignis«. Sie ist durch den Menschen verschuldet, verschuldet auch durch die Naturschutzbehörden, weil es amtlicherseits bisher nicht für erforderlich gehalten wurde, dieses Naturschutzgebiet tatsächlich zumindest verkehrsmäßig zu »beruhigen«, zu sanieren bzw. durch Holzstege oder Kieswege den Wanderstrom zu kanalisieren.

Ganze Busladungen von Menschen werden in die nordische »Sahara« entlassen: Schulklassen und große Gruppen von Halbwüchsigen klettern die Dünen herauf und rutschen voller Vergnügen wieder herunter: Lehrer und Aufsichtspersonen haben »Freizeit« und denken, Wanderdünen sind zum Wandern da – »anrichten« können ihre Schutzbefohlenen offensichtlich ja nichts. Wenn Stürme den Sand treiben, sind sie bereits längst wieder in der Stadt und träumen von der großen »Sylter Freiheit«

Langzeituntersuchungen an der Ostfriesischen Küste – Bauamt für Küstenschutz in Norden und Zentralstelle für Seevogelschutz in Wilhelmshaven – haben ergeben, dass der Schutz ökologisch empfindlicher Gebiete, insbesondere trittempfindlicher Gebiete, in idealtypischer Weise durch eine Kombination von Dünenschutz – d. h. unentwegte Dünenpflege durch Sandfangzäune und Halmpflanzung- und Vogelschutz gewährleistet werden kann. Die Lister Bauern wussten das schon immer.

Mit den Ausscheidungen der Vögel werden auch Samen transportiert. Die Dünen werden auf diese Weise mit Pflanzen besiedelt. Es bilden sich kleine Bewuchsinseln im Sandmeer, die sich, wenn sie nicht durch querfeldein ziehende Wanderer zerstört werden, ausbreiten können.

Im Lister Mannemorsumtal saßen jedenfalls noch vor 15 bis 20 Jahren tausende von Möwen und nur selten verirrte sich ein einsamer Wanderer in dieses Gebiet. Die Dünen wanderten unmerklich. Die Welt war in Ordnung. Die Selbstheilungskräfte der Natur waren nicht unterstützungsbedürftig.

Normalerweise halten Tiere gegenüber Menschen einen Sicherheitsabstand ein, unabhängig davon, ob der Mensch tatsächlich für das Tier gefährlich ist oder nicht. Wird dieser Sicherheitsabstand unterschritten, fühlt sich das Tier gestört und weicht aus oder es traut sich nicht mehr an sein Nest. Aus Gegenden mit vielen Störungen – Drachenfliegen, starker Wanderbetrieb, Lagern, intensive Grundwehrdienstausbildung seit 1973 im Lister Mannemorsumtal – verschwinden die Tierarten.

Die Möwe hat sich völlig aus dem Mannemorsumtal zu­ rückgezogen und die Lister Bevölkerung wird mittlerweile bereits durch das beunruhigende Tempo der Dünenwanderungen alarmiert.

Das hat seine Gründe: Die Alten in List berichten von den Zuständen nach den W irren des Zweiten Weltkrieges, da der »Große Sandberg« in Bewegung geraten war und schließlich der Sand in die Küchen der Häuser des Süderhörns rieselte. Durch die Fensterscheiben konnte man kaum noch hindurchsehen: Sie waren durch den Sandflug »geschliffen«.

Mit großem Aufwand wurde ein Gleis gelegt, Loren transportierten die Sandmassen hinweg, Strandhafer wurde gepflanzt. Im Mövengrund wurde der Sand in Handarbeit aus den Gärten auf die andere Straßenseite gekarrt: Es war eine umfassende Aktion.

Die Festlegung des Sandbergs gelang. Aber mittlerweile wurde eine angrenzende und zum Sandberggebiet gehörende Fläche von mehreren Hektar Größe durch Trampelpfade zerstört. Erneut beginnt die Sandwanderung, das gefährliche Spiel zwischen Wind und Sand …

Die bis zum Zweiten Weltkrieg relativ dichte Besiedlung einzelner Dünengebiete mit Seevögeln, insbesondere Möwen, die hier ihre Fress- und Ruheplätze hatten, haben den Schluss der Vegetationsdecke wesentlich gefördert. Auffällig ist auch in den letzten Jahren die Absenkung des Grundwasserspiegels im Listland. Dünenseen trocknen aus und selbst nach langen Regenperioden kann man in dem Gebiet kaum noch einen der früher so zahlreichen Tümpel oder Pfützen sehen. Damit einher geht der Süßwassermangel für die »Tierbevölkerung«. Für die Ortschaft List ist dar­ über hinaus wichtig, dass feuchter Sand nicht fliegt.

Es geht nicht darum, die Lister Wanderdünen festzulegen.

Es geht lediglich darum, die Dünen an bestimmte strategischen Punkten festzulegen und durch Halmpflanzungen wieder aufzubauen sowie das Gebiet durch wenige befestigte Wege oder Holzstege so zu beruhigen, dass der im Frühjahr in den Mulden keimende Samen vom Strand­hafer nicht in der Sommerzeit zertreten wird und dadurch die Herbst- und Winterstürme ihre Zerstörungskraft so richtig voll entfalten können. Wer traut sich schon bei Windstärke 10 oder 11 auf die entfesselte Wanderdüne?

Man müsste als Gutachter oder Naturschützer ja seine Vorurteile – keinesfalls die Wanderdüne teilweise zu befestigen – korrigieren.

Unsere Vorfahren wussten schon von der Wichtigkeit der Halmpflanzungen im Binnenbereich. Diese durfte man auf keinen Fall »ruinieren«. Auch darum wurde 1777 den unschuldigen Listern ein Prozess gemacht.

Der Zustand des ca. 1 796 ha großen Naturschutzgebietes mit hervorragender erdgeschichtlicher und pflanzensoziologischer Bedeutung ist den Naturschutzbehörden nicht unbekannt. Eine Untersuchung im Auftrag der oberen Naturschutzbehörde aus dem Jahre 1987 stellte die Notwendigkeit der Durchführung von Schutz- und Pflegemaßnahmen fest. Die 1987 gemeldeten Eingriffe, Störungen und Ordnungswidrigkeiten waren 1990 bei einer Kontrolluntersuchung nicht nur nicht abgestellt, sondern sogar noch verstärkt feststellbar. Auch 1992 hat sich an diesem Zustand nichts geändert.59

Die Frage wäre zu klären, warum die Zerstörungen in dem ältesten Naturschutzgebiet Schleswig-Holsteins – im NSG Nord-Sylt – ein so bedenkliches Ausmaß erreichen konnten, obwohl gerade dieses Gebiet die Bußgeldbewehrung in der Naturschutzverordnung im Laufe der Zeit nicht verloren hat.60

Kümmern sich die amtlichen Naturschützer zu sehr um die ohnehin vergebliche Verpflanzung der Arnika-Empetrum-Heiden von zu Bauland ausgewiesenen Flächen in Braderup und Kampen und haben sie daher weder Zeit noch Geld für die Listlandprobleme übrig? Jedenfalls ist in das Gebiet zwischen der Atlantikwallstraße am Strand und der LIO 24 mit Ausnahme der Sandflugmaßnahme an der LIO 24 in den letzten 30 Jahren keine müde Mark in­vestiert worden. Durch die durch Menschen verursachten Störungen wurden lediglich die Möwen von ihren Fraß­ und Ruheplätzen vertrieben.

Reden nützt nichts.

Wozu hebt die Landesregierung, wenn sie schon das Privatgebiet nicht schützen will oder kann, den Naturschutzstatus nicht völlig auf und lässt das Gelände durch die Eigner kommerziell verwerten?

Dabei würde auf jeden Fall für die Bevölkerung sicher – neben neuen ästhetisch gestalteten Ferienhaussiedlungen – ein »Schutz vor Sandflug« abfallen.

Alt-List wird gesucht …

Ratlos steht der Vater einer Großfamilie, umringt von seinen Lieben, mit einer Wanderkarte in der Hand vor dem Gewirr von Trampelpfaden im Naturschutzgebiet Nord­ Sylt und fragt hilfeheischend einen zufällig vorbeikommenden Lister nach dem richtigen Weg: »Sagen Sie mir bitte einmal, wo liegt eigentlich Alt-List? Sie wissen schon, dieses von den Wanderdünen begrabene Dorf?« – Der Gefragte weiß es leider auch nicht. Also heißt es suchen …

Das ist eine alltägliche Situation im Listland, im Sommer wie im Winter, zur Vor- und Nachsaison. Zur Hauptsaison fragen weniger Leute: Da sind sie am Strand, genießen Badefreuden. Wandertouren werden auf kühlere Tage verschoben. Fast jede der hilflosen Wandergruppen besitzt eine Wanderkarte des Listlandes, auf der »Alt­ List« verzeichnet ist.

Es ist kaum zu glauben: Aber es ist an dem gesuchten Ort wirklich rein gar nichts zu sehen, keine »Sensation«. Intime Kenner der Verhältnisse finden vielleicht einmal einen Keramikscherben, den die nach Osten wandernde Düne freigegeben hat. Die sensationellen Funde aus den 20er und 30er Jahren, als das Listland durch die militärischen Baumaßnahmen umgewühlt wurde, befinden sich in Schloss Gottrop oder im Heimatmuseum Keitum. Es gibt keine Beschilderung des Platzes, keine Wegemarkierung. Nichts. Reine, durch Trampelpfade zerstörte Natur. Naturlaub? Suchende Gleichgesinnte! Sanfter Tourismus?

Fazit: Menschen werden durch ungenaue Karten, die nicht vorhandene Wanderwege ausweisen, in das Zentrum des Naturschutzgebietes gelockt. Sie werden um die erwartete Sensation, Reste eines untergegangenen Dorfes zu finden, betrogen. Da nützt es auch nichts, dass die Lister Kurverwaltung als Beilage zum Wohnungsanzeiger eine korrekte Karte mit einer genauen Wanderwegebezeichnung herausgegeben hat. Wer trägt diese schon mit sich herum, zumal sie nicht einmal in den Informationskästen ausgehängt wurde.

Sylt wird in jedem Jahr von mehreren hunderttausend Gästen besucht. Die meisten müssen wenigsten einmal im Urlaub die Lister Wanderdünen erwandern und Alt­ List suchen. 700 Kilometer Trampelpfade gibt es inzwischen nach den Hochrechnungen allein in den Sylter Dünen.61

Vielfach glaubt der ortsfremde Gast irrtümlich, mit der Kurkarte besondere Freiheiten für seinen Aufenthalt auf Sylt erworben zu haben. Er denkt vielleicht sogar, dass ein erheblicher Teil des Kurtaxaufkommens dazu benutzt wird, Schäden in Naturschutzgebieten zu heilen. Bei dem Informationsdefizit hat der Tourist, aber auch der Einheimische, aus gutem Grund nicht einmal ein schlechtes Gewissen, wenn er sich im Naturschutzgebiet Nord-Sylt seinen eigenen Trampelpfad bahnt. Schutz ? Es ist immer schon so gewesen …

Im Ergebnisbericht über die Nachkontrolle zur Wirksamkeit der Landesverordnungen für die Naturschutzgebiete auf der Insel Sylt aus dem Jahre 1990 wird darauf hingewiesen, dass, wer die Kosten für Kennzeichnung, Erläuterung und Information über Naturschutzgebiete einzusparen versucht, diese Finanzmittel alsbald – und dann in vielfacher Höhe – für die Sanierung der Schäden an Natur und Landschaft wird bereitzustellen haben.

Eine Reparatur kann jedoch nicht das Original ersetzen: Der Informationswert der wenigen sandstrahlgeblästen und verrosteten Dreiecksschilder ist nicht sehr hoch einzuschätzen. Im Gutachten über die Durchsetzung des Naturschutzes heißt es:

»Es müssen

  • alle NSG an ihren Zugängen mit großen, gut sichtbaren Informationstafeln ausgerüstet und dem amtlichen Naturschutzschild – für jedermann erkennbar – gekennzeichnet werden,
  • die überwiegend großflächigen NSG an allen markanten Punkten (z.  Strandübergänge, Parkplätze, Aussichtspunkte, Rad- und Fußwanderwege und ähnliches), d. h. auch Innenbereich des NSG, gekennzeichnet werden,
  • neue Aufstellvorrichtungen entwickelt werden, die nach vorzugebender Norm von den Herstellern der amtlichen Schilder gefertigt werden können.
  • Die genormte Halterung muss
  • das amtliche NSG-Schild, den Namen des NSG,
  • die Tafel mit der aktenmäßigen Wiedergabe des NSG und seiner Grenzen (einschließlich Kennzeichnung des eigenen Standortes),
  • die Tafel mit der speziellen naturkundlichen Erläuterung,
  • die Tafel mit der Erklärung der Rechtsvorschriften,
  • den Namen und die Anschrift der ULW (Untere Landschaftspflegebehörde) und des Betreuers aufnehmen.«62

Die Gemeinde List wäre finanziell sicher mit einer derartigen Beschilderungsaktion im Listland einschließlich des Baus notwendiger Holzbohlenstege überfordert.

Im Zustandsbericht über das Listland 1987 heißt es eindeutig: ,,Die Verpflichtung des Landes Schleswig-Hol­stein, sich weiterhin finanziell an den Maßnahmen zur Erhaltung der unter Naturschutz stehenden Dünengebiete auf Sylt zu beteiligen (das gleiche gilt für die Amruner Dünen), ergibt sich im wesentlichen aus der Festlegung der Unterhaltspflicht des Landes in den Nebenbestimmun­ gen der Bewilligungsbescheide für die Gewährung von Haushaltsmitteln des Bundes (Bundessondermittel Nord und regionales Förderungsprogramm im Rahmen der Finanzierung von Maßnahmen des Programms Nord).

Die Möglichkeit einer Übertragung solcher Verpflichtungen auf die Träger des Fremdenverkehrs oder deren Beteiligung an der Aufbringung der erforderlichen Mittel ist geprüft worden.

Aus rechtlichen Gründen scheidet die finanzielle Mitleistung der Kurverwaltungen an den Schutz- und Pflegemaßnahmen auch dann aus, wenn die erforderlichen Arbeiten zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung der Land­schaft zwingende Reaktionen des Naturschutzes auf die Ansprüche des Fremdenverkehrs und deren Folgen für den Naturschutz sind und bleiben.«63

Diese rechtliche Ansicht des Gutachters über die finanzielle Zuständigkeit des Landes zur Durchsetzung des Naturschutzes und für Pflegemaßnahmen im Nord-Sylter-Naturschutzgebiet scheint bei der oberen Landschaftspflegebehörde nicht gerade mit Freude zur Kenntnis genommen worden zu sein. 1990, in seinem Nachkontrollbericht, sah sich der Gutachter veranlasst, folgende Bemerkung zu machen:

»Auch wenn die Bestimmung des § 15, Abs. 3 Landschaftspflegegesetz nur eine „Soll-Vorschrift“ ist, wäre die Benutzung des Hinterausganges, den diese Vorschrift für den Naturschutz auf Sylt – und in Schleswig-Holstein überhaupt – mit fatalen Folgen verbunden.«64

Miesmuscheln an der Blidselbucht

Noch vor etwa 15 Jahren konnte man an der Blidselbucht auf der Sandwattseite im Norden der Insel Sylt bei ablaufendem Wasser leicht eine Mahlzeit gesunder Muscheln zusammensammeln. Das ist lange vorbei …

Mit Sicherheit ist dieses Mangelphänomen eines der Warnsignale aus der Nordsee. Bei Flut wird hier seit etlichen Jahren die Küste abgebrochen. Zunächst wurden Sände, die eine Wanderdüne gefährlich in Richtung LIO 24 herantransportiert hatte, als Küstenschutzmaßnahme aufgeschüttet. Später musste dieser mit Strandhafer be­pflanzte Wall durch ein relativ stabiles Flechtwerk zusätzlich geschützt werden. Nach der Sandentnahme am Dünenfuß beschleunigte sich die Dünenwanderung an diesem Platz übrigens erheblich.

Das Watt ist eine Anballung des Lebens. Seine Versorgung wird durch Zufuhren aus dem Wasser gewährleistet. Die »natürlichen« Abfälle der Planktonorganismen, der Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze, einzellige Tiere (Protozoen) und Pflanzen sowie der unscheinbaren Mehrzeller, Großalgen, Muscheln, Krebse bis zu den bodenlebenden Fischen sichern – ohne Eingriffe des Menschen – einen Ausgleich.

Die Lebewesen am Gewässerboden beschränken ihre Aktivitäten weitgehend auf einen nur wenige Dezimeter umfassenden Grenzbereich zwischen dem freien Wasser und der obersten Bodenschicht.

»Sie sind damit den intensiven Wechselbeziehungen zwischen Wasser und Sediment bzw. Gestein stark ausgesetzt, profitieren z. B. aus der Anhäufung von Nahrung durch Sedimentation, tragen aber auch durch ihre Aktivitäten wirkungsvoll zu diesen Wechselbeziehungen bei.

Kurz gesagt – wie in vielen Grenz- und Übergangsräumen sind die Lebensprozesse und die Vielfalt an Erscheinungsformen des Lebens je Quadratmeter Meeresboden besonders groß. So können unter einem Quadratmeter Meeresboden in der Deutschen Bucht mehrere Milliarden Mikroorganismen, einige Millionen Kleintiere und tau­sende von größeren Meeresorganismen (vor allem Würmer, Muscheln, Krebse) gefunden werden.

Diese Anballung des Lebens und seine Versorgung durch Zufuhren aus dem Wasser, dabei vor allem auch die natürlichen Abfälle der Plankton-Organismen, aber auch sedimentierende Schadstoffe, legen es nahe, gerade hier nach Warnsignalen Ausschau zu halten.«65

Viele Lister vermissen es zwar sehr, nach der Flut keine »Saatmuscheln« mehr an der Blidselbucht sammeln zu können.

Wichtiger aber als das Sammeln einer gelegentlichen Mahlzeit ist das Risiko des Abhobelns der Wildmuschelbänke für den Bestand der Inseln, für den Küstenschutz. Auf die erosionshemmende Wirkung von Wattfauna und Wattflora ist in der wissenschaftlichen Literatur in der Vergangenheit qualitativ häufig hingewiesen worden. Aber erst seit rund zehn Jahren wurden quantitative Untersuchungen zur biogenen Erosionsfestigkeit im Strömungskanal durchgeführt. Aus ingenieurwissen­ schaftlicher Sicht stellt Ragutzki zur biogen-induzierten Festigkeit von Wattsedimenten fest: »Die Ursachen des biologischen Festigkeitseintrages beruhen auf zahlreichen und sehr komplexen Erscheinungen, die sich grob vereinfachend nach makro- und mikrobiologischen Wirkungsfaktoren – hier lediglich als Abgrenzung und in Beziehung zur Korngröße der anstehenden Sedimente zu verstehen – unterscheiden lassen.

Zu den makrobiologischen Einflussfaktoren zählen dabei u. a. Miesmuschelbänke, Seegraswiesen, Grünalgen­ bestände und Wohnröhren der Makrofauna.

Die erosionshemmenden Wirkungsmechanismen er­geben sich dabei im Einzelnen und sich größtenteils überlagernd auch durch Oberflächenabdeckung, Durchwurzelung, punktueller Stabilisierung sowie auch durch Begünstigung der Ablagerung von natürlichen kohärenten Sedimenten wie Schlicksand und Schlick.

Zu den mikrobiologischen Stabilisierungsfaktoren gehören vor allem Algen, Pilze und Bakterien und deren Schleimabsonderungen sowie auch Stoffwechselprodukte der Makrofauna. Bewirkt werden dadurch Verkittungen und Verkettungen im Korngerüst der Sande sowie Verklebungen der Sedimentoberfläche, die gleichzeitig die Rauhigkeit abmindern, so dass insgesamt der angreifenden Solschubgeschwindigkeit neben Schwerkraft und Gefügestabilität des Einzelkorns eine biologische Kraftkomponente entgegengerichtet ist.«66

Bei Sturmfluten treten bei der Reduzierung von biologischen Stabilisierungseffekten z. B. durch Muschelbankabräumung großräumig übergreifende Umlagerungen im Sandwatt auf, die dann weitgehend irreversibel, d. h. nicht umkehrbar sind, wenn sie nicht im Trend einer natürlichen morphologischen Entwicklung liegen. Die zehnjährigen Versuche beweisen: »Der biogene Festigkeitsanteil der Wattsedimente kann durch In-Situ-Messungen mit einem transportablen Strömungskanal quantifiziert werden.

Die bisherigen Versuchsergebnisse belegen die bisher nur qualitativ vermutete Bedeutung der biologischen Stabilisierung im Hinblick auf hydraulisch-morphologische Wechselwirkungen und damit auf Fragestellungen des Küstenschutzes. Die Versuche sollen ergänzt und weiter­ geführt werden, um jahreszeitliche sowie biotop- und ggf. auch schadstoffabhängige Einflüsse zu ermitteln.«67

Die rigorose wirtschaftliche Ausbeutung des Watts unter anderem durch die Muschelfischerei ist nicht nur ökologisch bedenklich, sondern auch ökonomisch.

Nur werden die unzureichenden finanziellen Aufwendungen für den Küstenschutz auf der Ostseite der Insel Sylt nicht etwa durch den offensichtlichen Mitverursacher der Misere mitgetragen, sondern der Allgemeinheit der Steuerzahler aufgebürdet: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren heißt hier die Devise.

Das Betretungsrecht in der freien Landschaft

»Naturschutzgebiete dürfen unbefugt außerhalb der Wege nicht betreten werden« heißt es klar und eindeutig in § 17, Abs. 3 im Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes von Schleswig-Holstein und § 30 lautet: »Jeder darf in der freien Landschaft (Flur) auf eigene Gefahr Privatwege (Private Straßen und Wege aller Art) und Wegeränder zum Zwecke der naturverträglichen Erholung betreten und sich dort vorübergehend aufhalten.«

Hier wird verdeutlicht, dass, wie in den Anfängen des formal geregelten Naturschutzes, die »Natur an sich« schützenswert ist und nicht mehr »die Leistungsfähigkeit der Natur« als Ressource der Menschen im Vordergrund »der Schutzbedürftigkeit« steht, bzw. diese Vorstellung zurückgedrängt worden ist.

Dahinter steckt auch der Gedanke einer Versöhnung von Ökonomie und Ökologie, ein Gedanke, der in den »modernen«, nach dem Zweiten Weltkrieg in Mode gekommenen Naturschutzauffassungen eigentlich keine besondere Rolle mehr spielte und erst im letzten Jahrzehnt wieder mehr und mehr an Bedeutung gewinnt.

Zu den Grundsätzen des Naturschutzes heißt es in der Denkschrift zum Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes Schleswig-Holstein: »Das Gesetz füllt den Art. 7 der neuen Landesverfassung, in der Natur- und Umweltschutz eine Staatszielbestimmung ist, aus. (Schutz der natürlichen Grundlagen des Lebens).

Daher enthalten die neuen Grundsätze eine Abkehr vom bisherigen alleinigen Nutzungs- und Leistungsanspruch des Menschen gegenüber der Natur und stellen den funktionalen Ansatz zur dauerhaften Erhaltung von ökosystemaren Zusammenhängen heraus (§ 1 Abs. 1 Nr. 1). Wie in der Landesverfassung festgelegt, werden alle Verfassungsorgane zum Natur- und Umweltschutz verpflichtet.«68

Das Landesnaturschutzgesetz sollte Ende 1992 durch den Landtag von Schleswig-Holstein verabschiedet werden. Nunmehr wird vom Frühjahr 1993 gesprochen.

Auch eine Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes ist seit langer Zeit in Vorbereitung. Mittlerweile gibt es zu dem Thema einen Gesetzesantrag der SPD-Bundestagsfraktion (BT-Drs. 12 / 3487).

Interessant ist, dass in einem einschlägigen Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz auf eine Kommentierung des Abschnitts »Erholung in Natur und Landschaft (§ 27 – Betreten der Flur)« verzichtet wird.69 Nach dem Gesetzestext ist das »Betreten der Flur auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundstücken zum Zwecke der Erholung auf eigene Gefahr gestattet.« Im Rahmen dieser Generalklausel sollen die Länder Einzelheiten regeln.

Was heißt eigentlich »ungenutzte« Grundstücke? Ödland? Sind naturbelassene Grundstücke nur etwas »wert«, wenn sie eingezäunt sind? Sind »ungenutzte« Grundstücke rechtlich zur »Vernutzung« freigegeben?

Das Bundesnaturschutzgesetz in der letzten Fassung regelt nicht mehr wie das Reichsnaturschutzgesetz den Schutz der Natur um ihrer selbst willen, sondern hat u. a. die Ziele einer Sicherung der »Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes« und »die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter« als Lebensgrundlagen des Menschen und als Voraussetzung für seine Erholung in Natur und Landschaft.70

Bei den Auseinandersetzungen um das »Betretungsrecht« in Naturschutzkreisen geht es um den Konflikt der Zielvorstellungen

  • Schutz der Landschaft und Natur für den Menschen oder
  • Schutz von Landschaft und Natur vor den Menschen.

In den landesrechtlichen Regelungen ist nicht immer ganz eindeutig, ob sich dieses normierte Betretungsrecht nur auf das Betretungsrecht in der freien »Landschaft« bezieht oder ob diese Freiheit »freie Natur beliebig zu nutzen« sich auch auf Naturschutzgebiete erstreckt.

In den Positionen der Deutschen Naturschutzverbände zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes in der 12. Wahlperiode »wird eine völlige Neufassung der Zielbestimmungen und Aufgabenstellungen in § 1 gefordert sowie eine Reihe unbestimmter und vager Rechtsbegriffe abgelehnt.

Der Schutz der Natur um ihrer selbst Willen wird gefordert, also Schutz der Natur vor dem Menschen.

Die Naturschutzverbände begrüßen »die Einführung eines finanziellen Ausgleichs für wirtschaftliche Nachteile, die über die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinausgehen.« Desgleichen wird eine Verpflichtung zur Wiedergutmachung von Schädigungen des Naturhaushaltes begrüßt.71 Die Naturschutzverbände stellen fest, dass eine gesetzliche Erholungsvorsorge »nur naturschutzkonform« sein kann und bestimmte Räume – selbst innerhalb von Naturparken – von jeglicher Erholungsaktivität ausgenommen sein müssen.72

Der ideologische Streit um das individuelle Betretungsrecht »freier« Natur, um das Recht auf ungehemmten »Genuss der Naturschönheiten«, um den staatlichen Bestandsschutz der Natur, um die staatliche Vorsorge für Freizeitbetätigung und Erholung in der freien Natur soll vor dem Hintergrund des Massentourismus nicht weiter vertieft werden.

Sicher hat ein »Betretungs-Grundrecht« naturbelassener Flächen keinen naturschützenden Charakter!

Nicht nur im Listland hat jedenfalls ein von der Fremdenverkehrswirtschaft der Insel wie selbstverständlich in Anspruch genommenes Betretungsrecht zu Schäden geführt, die nur mit erheblichem finanziellen Aufwand beseitigt werden können. Die Kurverwaltungen sind jedoch – wie dargelegt – nicht rechtlich verpflichtet, die verursachten Schäden wieder gutzumachen.73

Eine Neuregelung der gesetzlichen Grundlagen des Naturschutzes ist überfällig. Ganz besonders für das Naturschutzgebiet Nord-Sylt haben sich durch diverse Novellierungen von bundes- und landesrechtlichen Vorschriften im Laufe der Jahrzehnte gesetzestechnische Ungereimtheiten herausgebildet, die es zu bereinigen gilt.

Eigentlich müsste sich der Schutz der Natur vor und der Schutz der Natur für den Menschen nicht ausschließen. Aber zunächst einmal muss wohl die Natur vor dem Menschen geschützt werden. Dann – nach dem Bau von Wanderwegen beispielsweise und einer intensiven Aufklärung der Menschen – wird die Natur für den Menschen geschützt.

Stranddisteln  – Aufregung über eine Biikerede

Die äußerst stachelige und auffallend schöne Silberdistel oder Stranddistel gehört zur Sylter Heimat und zu den aussterbenden Pflanzen.

Es war einmal. Die Silberdistel gedieh insbesondere auf dem Ellenbogen. Sandflug war ihr Lebenselexier.

Die Stranddistel gehörte genauso zu Sylt wie die Biike, das seit der grauen Vorzeit gefeierte große Frühlingsfest der Sylter. Von Nah und Fern, sogar aus dem schönen Kalifornien, reisen die Sylter heran, um am Petritag, dem 21. Februar, mit gewaltigen Feuerstößen, Grünkohl, Kasseler, Schweinebauch und Schnaps die Heimat und das traditionelle Brauchtum zu pflegen, sich wiederzusehen und über das vergangene Jahr, Gott und den Lauf der Welt zu reden. Heile Welt?

Unlängst nahmen einige Sylter, Alteingesesene und Neubürger mit ausgesprochenem »Missfallen« zur Kenntnis, dass die »Silberdisteln« wieder auf Sylt heimisch geworden sind. Bislang wurde ein Exemplar gesichtet und geortet: Die Bürgermeisterin von Westerland, dem Hauptort der Insel Sylt, Petra Reiber.

Sie mahnte in ihrer Biike-Rede 1992 zum Respekt vor der Natur und fand im Rahmen des Brauchtumsfestes zum Thema Naturschutz und Umweltschutz deutliche Worte. Unter anderem sagte sie:

»Denn nur, wenn wir uns in Respekt vor der Natur in unserer Bequemlichkeit und unserem Freiheits- und individualistischen Drang einschränken, können wir Sylt als einzigartige Naturlandschaft bewahren. Trotz eines langsamen Umdenkens hin zum sanften Tourismus und zum sog. ,Naturlaub‘ sind immer noch die meisten von uns auf dem besten Weg, die letzten Reservate der Erholung zu zerstören.

Wir schaffen es, uns der mächtigen Sturmfluten mit bestens ausgerüstetem Katastrophenschutz zu erwehren, wir füttern die gierige Nordsee mit Sandvorspülungen und retten nur so vor dem Substanzverlust der Insel. Die Naturgewalt bekommen wir in den Griff, nicht aber die Menschengewalt.

Jährlich vergewaltigen wir unseren Lebensraum mit Zerstörung, den Abgasen von einer Million Autos, den Abfällen und Abwässern genau so vieler Menschen.

Es mag unbequem sein, Müll zu sortieren, unbequem, den Abfall des Reiseproviantes bis zur nächsten Mülltonne weiterzutragen, unbequem, den Kot des eigenen Hundes zu beseitigen und überhaupt unbequem, auf das Auto zu verzichten. Es widerspricht einem Individualisten ausgebaute Wanderpfade zu benutzen und nicht die vorhandenen Sanddünen zu besteigen.

Zertrampelte Heideflächen sind so gut wie irreparabel. Keine Reinigungsmannschaft kann jederzeit und allerorts im Einsatz sein. Selbst wenn wir Millionen DM in einen raffiniert vertakteten öffentlichen Personennahverkehr investieren, um damit eine kostengünstige Alternative zum Auto zu schaffen, müssen wir vor dem Statussymbol Auto kapitulieren, wenn die meisten nicht auf den Bus umsteigen.

Unsere Hochachtung sollte denjenigen gelten, die Bequemlichkeit und Prestigedenken überwunden haben. Werden Sie im Feuerschein der Biike zu Verbündeten im stillen Kampf gegen die Rücksichtslosigkeit gegenüber unserer Umwelt. Haben Sie den Mut, die Umweltverschmutzer anzusprechen. Wenn Verbote keine Wirkung zeigen, hilft nur ein stetiger Appell an das Gewissen.«74

Ein Entrüstungssturm brach los. Windstärke zwischen 8 und 9. Warum? War es nicht richtig, dass auch einige Kurzurlauber die mahnenden Worte der Bürgermeisterin an die Sylter hörten? Schließlich waren es an die Sylter gerichtete Worte, die sich hinsichtlich des Natur- und Umweltschutzes eigentlich schon im eigenen Interesse vorbildlich verhalten sollten.

Auch der Bürgermeister von Kampen, Klaus Koehn, sprach 1992 am Biike-Feuer von den Versuchen, der Fremdbestimmung zu trotzen: »Die Biike ist für Sylt-Geborene, die heute in der Fremde leben, mehr noch als das Weihnachtsfest Anlass an die Heimat zu denken und, wenn irgend möglich, in diesen Tagen auf der Insel und bei ihren Familien zu sein«, stellte Koehn fest und ergänzte: ,,Wir, die wir ständig hier leben, werden uns fragen lassen müssen, ob wir die gemeinsame Heimat erhalten und beschützen konnten.«

Er schloss seine Ansprache mit den mahnenden Worten eines alten Indianerhäuptlings: »Denkt daran, wir haben unser Land von unseren Vätern nicht geerbt, sondern nur von unseren Enkeln geliehen.«75

Von den Biike-Reden der Bürgermeister ganz besonders getroffen fühlte sich der Kurzurlauber Jens Feddersen, Chefredakteur der NRZ: Er äußerste seine Meinung in einem Leserbrief der Sylter Rundschau:

»Aber, so frage ich mich, nach den Reden von Petra Reiber und Klaus Koehn müssen eigentlich die Kurgäste ziemlich unzweideutig beschimpft werden?

Wie ein roter Faden zog sich doch durch die Ansprache der Bürgermeisterin die Aufforderung, möglichst ohne Auto auf die Insel zu kommen (aber natürlich genug Geld auszugeben), selbstverständlich die Gebote und Verbote zu beachten (was sich von selbst versteht) und im übrigen doch immer mehr Geld des Steuerzahlers anzufordern und einzuklagen, damit die Insel nicht irgendwann ein­ mal untergeht.

Ich hätte mir auch ein paar fröhliche Worte gewünscht, nicht nur mahnende und fordernde. Auch ein paar Worte darüber, dass man sich über die Gäste, die ja nun fast rund um das Jahr kommen, freut, dass man gerne mit ihnen zusammen ist – statt sie verbal zu vergraulen. Jedes Eiferertum, jeder Rigorismus in Forderungen schadet der Insel«.76

WAS TUN? – oder: »Wat mutt, dat mutt!«

Zusammenfassende Thesen

Überspitzt kann man sagen, dass, wenn sich ein nicht vom Subsidiaritätsprinzip, d. h. dem Vorrang der Eigenverantwortlichkeit, geleitetes bürokratisches Handeln in den neuen Bundesländern so auswirkt wie im 20.Jahrhundert auf dem Gebiet der Gemeinde List auf Sylt, es ganz sicher ist, dass auch unsere Urenkel sich mit den Folgen herum­ schlagen müssen und die neuen Länder der Bundesrepublik dann so unterentwickelt sind wie leider die Gemeinde List auf Sylt.

Festzuhalten ist, dass es hier in List wie dort in den neuen Ländern nicht in erster Linie darum geht, viel Geld zu verteilen. Die Hemmnisse sind vorwiegend bürokratischer Natur.

Einer der großen Grundbesitzer in List blieb der Bundesfiskus. Als »Erstausstattung« wurde der Gemeinde kein eigener Grundbesitz für kommunale Einrichtungen wie Parkplätze u.a.m. zum Preise von 0,25 DM / Quadratmeter – wie der Bund den Listlandbesitzern gemäß Vergleich gezahlt hatte – übertragen. Im Gegenteil: Veraltete Versorgungseinrichtungen mussten für viel Geld durch die Kommune vom Bund übernommen werden. An den Hypotheken der vor Jahren in den Fluten der Nordsee versunkenen Strandhalle zahlt die arme Gemeinde List noch immer …

Sofortmaßnahmen (bis zur Saison 1993)

  1. Korrektur einer gesetzgeberischen, besser gesagt, gesetztechnischen Unachtsamkeit bei der Novellierung des Landschaftspflegegesetzes aus dem Jahre 1983. Dazu muss man nicht unbedingt auf das neue Landschaftspflege- und Naturschutzgesetz des Landes Schleswig-Holstein warten, denn es wäre sehr sinn­ voll, wenn auch wie bei den alten Naturschutzverordnungen in der NSG-Landesverordnung Nord-Sylt aus dem Jahre 1980 eine Betretungsregelung erfolgte. Doppelt hält besser: Nicht jeder Bürger oder jede Bürgerin, der / die sich die Mühe macht, die Landesverordnung über das Naturschutzgebiet Nord-Sylt zu lesen, zieht gleichzeitig – zwecks Feststellung der Rechtslage – auch das Landesnaturschutzgesetz zu Rate!
  2. Dauerplakatierung – zum Beispiel  an den Plakatierungstafeln der Lister Bushaltestellen – der durch die Kurverwaltung List als Beilage zum Lister Wohnungsanzeiger herausgegebenen Wanderwegeübersicht für das Gebiet der Gemeinde List.
  3. Austausch der »Wanderkarten« mit der wirklich abenteuerlichen Wegekennzeichnung im Listland an den großen mit »I« gekennzeichneten einheitlichen Informationstafeln auf der Insel durch die offizielle (allerdings nicht bunte!) und durch den Bäderverband autorisierte Karte.
  4. Markierung von Wegen mittels Holzpfählen – beidseitig, in ca. 5 bis 10 m Abstand – und zwar dort, wo ohnehin durch Trampelpfade große Schäden im Naturschutzgebiet entstanden sind.
    (Durch diese Schäden ist eindeutig dokumentiert, dass hier ein bereits »traditioneller« Wegebedarf vorhanden ist.) Für ein durch den Landschaftszweckverband vorgesehenes Luxusschild (3 000,- DM) bekommt man übrigens ca. 6 000 Holzpfähle, das heißt,  man könnte rund 30 Kilometer Weg dauerhaft (in Eigenarbeit) markieren.
  5. Aufbau von zwei, dem historischen »Lister Tor« nachempfundenen, optischen Einfahrtsbegrenzungen an der Kreis- bzw. Gemeindestraße durch das Naturschutzgebiet und zwar am Lister Dreieck und an der Jugendherberge.
  6. Umwidmung des Fahrradweges auf der alten Inselbahntrasse Kampen-List, zumindest auf Lister Gebiet ab Klappholttal, in einen reinen Wanderweg.
  7. Anpflanzung von ca. 30 Hektar Dünenhalm, und zwar
  • Bepflanzung von Trampelpfaden auf Lister Gebiet
  • Bepflanzung gefährlicher Windschneisen und von Flächen um die Dünenkupsen auf den Wanderdünen.

Damit könnte das Problem einer Beschleunigung des Tempos der Dünenwanderung wahrscheinlich gebremst werden.

Die Kosten dieser notwendigen Maßnahme wären leicht aufzubringen, wenn die vorgesehenen Finanzmittel für den Dünenbau und die Besucherlenkung in den Sylter Naturschutzgebieten gemäß Körkemeier-Gutachten auf die Gemeinden nach ihrer unter Naturschutz stehenden Dünenfläche verteilt würden.

  1. Inspiration der Naturschutzgruppe der Bundeswehr auf Sylt zwecks Wiederaufnahme der unverständlich­ erweise eingestellten Sanierungsarbeiten im Mannemorsumtal. Auf dem von der Marineversorgungsschule List derzeit verwalteten Gelände sollten endlich die Betontrümmer, die Hinterlassenschaften aus dem Zweiten Weltkrieg, beseitigt oder gnädig mit Erde bedeckt und bepflanzt werden. Guten Gewissens kann man versichern, dass sich auf den Betontrümmern seit 1945 keine kostbaren Flechten angesiedelt haben, die es aus »Naturschutzgründen« zu schützen gilt.

Kurzfristig durchzuführende Maßnahmen (ca. 2-3 Jahre)

  1. Durchsetzung eines modernen Nahverkehrskonzeptes auf der Insel mittels Jahresumweltkarten, verbesserter Verkehrsanbindung etc. Es muss den Autofahrern nahegelegt werden (auch über Parkgebühren) ab und an ihr Auto in der Garage stehen zu lassen und den Bus zu nehmen.
  2. Anpachtung des Listlandes durch die Stiftung Naturschutz des Landes Schleswig-Holstein.
  3. Ausbau markierter Wanderwege – wo nötig – durch Holzbohlentreppen oder einen Lehm-Kies-Belag.
  4. Aufbau einer Ranger-(Landschaftswart)-Station in List.
  5. Ausbau des Fahrradweges an der Oststraße, d.h. der LIO 24, von Blidsel bis zum Hafen. Auch auf diesem Wegeabschnitt muss eine Trennung von Fahrradbenutzern und Fußgängern erfolgen.
  6. Einheitliche Beschilderung aller Sylter (oder sogar Schleswig-Holsteinischer) Naturschutzgebiete, so wie es in den anderen Bundesländern bereits ganz »normal« zu sein scheint.

Selbst wenn alle vorstehenden Maßnahmen kurzfristig umgesetzt würden, blieben viele Wünsche offen …

Literaturverzeichnis

  • Alt-List / Sylt 1905-1931: Bericht über Funde in Alt-List; Akte des Archäologi­schen Landesmuseums der Christian-Abrechts-Universität Schloss Gottorf, Schleswig (KS 11829, 1634 7), Manuskript, Presseberichte, Sylter Archiv
  • Michael Andritzky, Kai J. Friedrich, Klappholttal / Sylt 1919-1989, Geschichte und Geschichten, Anabas Verlag 1989
  • Richard Bartelsperger, Das Grundrecht auf Naturgenuss in naturschutzrechtlichen Bezügen, in: Rechtsstaat, Kirche Sinnverantwortung – Festschrift für Klaus Obermayer, C. H. Beck‘sche Verlagsbuchhandlung 1986
  • Betretungsrechte in Flur und Wald nach den Naturschutzgesetzen und den Forst- bzw. Waldgesetzen des Bundes und der Länder, Beilage zum Beitrag von R. Gilde­ meister »Regelungen zum Betretungsrecht«, Systema­tische Übersicht über die geltenden Bestimmungen zu: Natur und Landschaft 66 (1991) Heft 4
  • Erfahrungen mit dem Betretungsrecht in der freien Landschaft – Tagungsbericht einer Veranstaltung des Deutschen Alpenvereins in Zusammenarbeit mit dem Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten am 27. November 1985 in München, Hrsg. Deutscher Alpenverein
  • Jochen Borchert, Hans G. Fink, Dieter Korneck und Peter Pretscher, Militärische Flächennutzung und Naturschutz, in: Natur und Landschaft, herausgegeben von der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie, Kohlhammer-Verlag, 1987, S. 322ff.
  • Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Küstenschutz, Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 2 / 1967, Naturschutzgebiet Nord­Sylt
  • Wilhelm Deist, Militär, Staat und Gesellschaft, Studien zur preußisch-deutschen Militärgeschichte, in: Beiträge zur Militärgeschichte, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd.34, Oldenbourg-Verlag 1991
  • Peter Diedrichsen, Das Listland und seine Flurnamen, in: Jahrbuch des Nordfriesischen Instituts, Bd. V, 1957, S. 140-144
  • Joseph W. Dopheide, Recht und Planungsinstrumente des Naturschutzes und der Landschaftspflege unter Berücksichtigung von Fragen des Rechtsschutzes, der Verbandsbeteiligung, der Verbandsklage und des Eigentumsschutzes in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Nordrhein-Westfalen, in: Recht in der Landwirtschaft, Heft 10, 1986, herausgegeben von der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe
  • Erich Gassner, Naturschutzrechtliche Gestaltungsaufträge an die Gemeinde, in: Natur + Recht, Zeitschrift für das gesamte Recht zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Umwelt, Verlag Paul Parey, 1986, S. 190 ff.
  • Handlungskatalog Umwelt- und Naturschutz in den Gemeinden, Aufgabe der SPD-Ortsvereine, Hrsg.: SPD­Landesvorstand Nordrhein-Westfalen, Kommission Umweltpolitik, 1984
  • Walter Hansen, Alt-List 1935: Berichte über Funde in Alt­ List: Akte des Archäologischen Landesmuseums der Christian-Albrechts-Universität, Schloss Gottorf, Schleswig, 1935
  • Hans-Günter Henneke, Abkehr von der Anthropozentrik im Umwelt- und Planungsrecht?, in: Agrarrecht, Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht, 16. Jahrgang 1986, S.192ff
  • Carsten Hobohm, Die Vegetation des Lister Kooges. Eine Untersuchung des Schutzstation Wattenmeer e.V. – Zur Unterschutzstellung des Gebietes als Anhang zum MELF-Bericht, 1986, Manuskript, Sylter Archiv
  • Claus-Peter Hutter, Gerhard Thielke, Claus-Peter Herrn, Berthold Faust, Naturschutz in der Gemeinde, Praktischer Ratgeber für Jedermann, Pro Natur Verlag, Stuttgart 1985
  • Interessengemeinschaft Schienenverkehr Kiel e.V. – 50 Jahre Hindenburgdamm 1927-1977
  • Hans-Joachim Janssen, Die Gefährdung des Wattenmeeres, Bund-Information 20, 1983
  • Hubertus Jessel, Geschichte in Silber – Sylter Daten Bank, 1989
  • Körkemeyer, Konzept zur Neuordnung der Besucherlenkung in den Sylter Dünen, erstellt im Auftrag des Landschaftszweckverbandes Sylt, 1992
  • Karl-Günther Kolodziejcok, Josef Recken, Dieter Apfelbacher, Naturschutz, Landschaftspflege und einschlägige Regelungen des Jagd- und Forstrechtes – Ergänzbarer Kommentar mit vollständiger Sammlung der Bundesgesetze nebst Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, der internationalen Übereinkommen sowie des EG-Rechtes, Erich Schmid Verlag
  • Erich Kolumbe, Das Naturschutzgebiet Lister Land auf Sylt, in: Nordelbingen, Bd. 7 (1928, S. 455-480)
  • Welche Zukunft hat die Küste? Problematik und neue Wege der Wirtschafts-· und Umweltpolitik, Thesenpapiere zur öffentlichen Tagung 15. /  November 1985, Universität Oldenburg
  • Die Küste, Archiv für Forschung und Technik an der Nord­ und Ostsee, Heft 17, 1969 (Hindenburgdamm)
  • Kuhlemann, Robinson auf Nordseeinseln, Pro info Verlag Westerland 1983
  • Ulrich Kuschnerus, Der landschaftspflegerische Begleitplan nach § 8 Abs. 4 Bundesnaturschutzgesetz, in: Deutsches Verwaltungsblatt 1986, Carl Heymanns Verlag 1986, S. 75ff
  • Jose L. Lozan, Walter Lenz, Elke Rachor, Burkard Watermann, Hein von Westernhagen, Warnsignale aus der Nordsee – Wissenschaftliche Fakten, Verlag Paul Parey Berlin und Hamburg
  • Karl Lüders, Kleines Küstenlexikon, Technik und Natur an der deutschen Nordseeküste, 2. Aufl. 1967, Verlagsbuchhandlung August Lax, Hildesheim
  • Lux, Bericht über die Untersuchung des Naturschutzgebietes Nord-Sylt vom 11. 9. 1987
  • Lux, Ergebnis der Nachkontrolle zur Wirksamkeit der Landesverordnungen für die Naturschutzgebiete auf der Insel Sylt, Stand: 22.8.-25.8.1990
  • Marine und Marinepolitik im kaiserlichen Deutschland 1871-1914, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt durch Herbert Schottelius und Wilhelm Deist, Droste-Verlag Düsseldorf, 1972
  • Otto G. Meier (Hrsg.), Die Naturschutzgebiete auf Sylt und Amrum, Verlag Boyens & Co., Heide 1987
  • Naturschutz und Landschaftspflege in den neuen Bundesländern, in: Schriftenreihe des Deutschen Rates für Landespflege, April 1991, Heft 59
  • Nord-Sylt, Gutachten in: Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 2, Godesberg 1967, Hrsg. Bundesanstalt für Vegetationskunde, Landschaftspflege und Naturschutz
  • Ostfrieslands Naturlandschaften: Dünen, Watt und Salzwiesen – Schutz und Erhaltung von Küste und Inseln, Tier- und Pflanzenwelt, hrsg. vom Niedersächsischen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 1986, Text und Gestaltung Heie Focken Erchinger, Bauamt für Küstenschutz Norden
  • Peter Hansen Petersen, Chronik von List auf Sylt, Manuskript o. J ., Sylter Archiv
  • Positionen der deutschen Naturschutzverbände zur Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes in der 12. Legislaturperiode, Hrsg. Deutscher Naturschutzring, Bundesverband für Umweltschutz (DNR) unter Mitarbeit der folgenden Verbände:
    • Arbeitsgemeinschaft beruflicher und ehrenamtlicher Naturschutz
    • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Naturschutzbund Deutschland
    • Komitee gegen den Vogelmord
    • Landesbund für Vogelschutz
    • Internationaler Rat für Vogelschutz
    • Greenpeace
    • Deutscher Rat für Landespflege
    • WWF Deutschland 1992
  • Ragutzki, Biogen induzierte Festigkeit von Wattsedimenten, in: Vorsorge Nordsee, hrsg. Der Niedersächsische Umweltminister
  • Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen Umweltprobleme der Nordsee, Sondergutachten 1980, Kohlhammer Verlag
  • Schleswig-Holstein, Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur – Landesnaturschutzgesetz – LNat SchG) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften, 1992
  • Hans Schulte, Die Tragweite der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung für das Grundeigentum, in: Verwaltungsarchiv – Zeitschrift für Verwaltungslehre, Verwaltungsrecht und Verwaltungspolitik, 77. Bd., 1986, Carl Heymanns Verlag KG, S. 372ff
  • Hermann Soell, Grenzen zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Landschaftsschutz, in: Natur + Recht…, 1984, S. 8 ff
  • Albert Striberny, Listland – einst und jetzt, o. J., Manuskript, Sylter Archiv
  • Syltbild Stöver, Festschrift, 700 Jahre List auf Sylt 1292-1992
  • Das Syltbuch, Eine Gesamtdarstellung der Insel Sylt, Hrsg. Dr. Knut Ahlborn, Niels-Kampmann-Verlag, o.J. (Druck in Leipzig)
  • Umwelt- und Naturschutz auf Truppenübungsplätzen, Bundestagsdrucksache 11 / 2624 vom 5.7.1988
  • Verband Deutscher Kur- und Tourismusfachleute e.V. – Fachtagung 1985 Landschaft – Kapital des Tourismus«, 1985, o. Verlag – Tagungsbericht
  • Verteidigung: Schreiben BM an Pet (Petitionsauschuss des Deutschen Bundestages) vom 2.9.75 U I 2 – Az.: 4570-06-01
  • Harald Voigt, Die Festung Sylt, Nordfriesisches Institut Bredstedt, Dezember 1992
  • , 50 Jahre Hindenburgdamm, Hansen & Hansen 1977
  • , Der Sylter Weg ins Dritte Reich, Hansen & Hansen
  • Manfred Wedemeyer, Existenz zwischen Wanderdüne und Meer, 700 Jahre List auf Sylt, 1292-1992, herausgegeben von der Gemeinde List auf Sylt, 1992
  • Ulf Zeidler, Naturschutz auf Übungsplätzen, in: Nato­ Brief Nr. 4 / 1986, S. 33ff

Fußnoten

  1. Stöver, Festschrift 700 Jahre List auf Sylt, S. 17
  2. Petersen, Chronik a.a.O. (zit. nach Oldekopp, Henning, Topographie des Herzogtums Schleswig, Kiel 1906)
  3. Deist, Marine und Marinepolitik, a.a.O., S. 56
  4. ders., a.a.O., S. 58
  5. Stöver, a.a.O., S. 35f.
  6. Peter Hansen Petersen, Chronik von List auf Sylt, S. 24
  7. Stöver, Festschrift, a.a.O., S. 32
  8. ders., Festschrift, a.a.O., S. 26
  9. Scheurlen, in: Das Syltbuch, a.a.O., S. 90
  10. ders., a.a.O., S. 92
  11. Deist, Militär, a.a.O., S. 296/7
  12. Voigt, Die Festung Sylt, a.a.O., S. 52
  13. ders., 50 Jahre Hindenburgdamm, a.a.O.
  14. ders., 50 Jahre Hindenburgdamm, a.a.O., S.16
  15. Fritz Koll, in: Das Syltbuch, a.a.O.
  16. Herbert Heise, in: 50 Jahre Hindenburgdamm, Hrsg. Interessengemeinschaft Schienenverkehr Kiel e.V., 1977
  17. Knut Ahlborn, in: Das Syltbuch, a.a.O., S. 62f.
  18. F. Rehbock, in: Andritzki u. a. Klappholttal, a.a.O., S. 83
  19. ders., a.a.O., S. 84f.
  20. abgedruckt, in: Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 2, S. 67 f., Godesberg 1967
  21. Schriftenreihe, a.a.O., S. 98f
  22. Schriftenreihe, a.a.O., S. 106
  23. Voigt, Der Sylter Weg, a.a.O., S. 7
  24. Festschrift, 700 Jahre List, a.a.O., S. 26
  25. Voigt, Die Festung Sylt, a.a.O., S. 61
  26. Protokoll der Gemeindevertretersitzung vom 1.2.1946
  27. Landtag von Schleswig-Holstein, 3. Wahlperiode, Drs. 476, 434, Sten. Bericht, 45. Sitzung, S. 1847 f.
  28. Dr. Lemke, 45. Sitzung, LT SH, a.a.O., S. 1849-1850
  29. Dr. Schröder, 45. Sitzung, LT SH, a.a.O., S. 1852
  30. 45. Sitzung, LT SH, a.a.O., S. 1849
  31. Festschrift, a.a.O., S. 27
  32. siehe: »Nord-Sylt wird unter Naturschutz gestellt«
  33. Flugblatt der Fraktionen im Lister Gemeinderat
  34. Schreiben BMVtg an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vom 2.9.1975 – U I 2 – Az.: 4570- P6 01 (u. a.) Sylter Rundschau v. 10.7.1992
  35. Wedemeyer, a.a.O., S. 5
  36. Sylter Rundschau vom 10. Juli 1992, vom 19.11.1992
  37. Heft 2 der Schriftenreihe Landschaftspflege und Naturschutz 1967
  38. Buchwald in: Schriftenreihe, a.a.O., S. 78
  39. siehe: Abschnitt „Alt-List wird gesucht“, vgl. auch Gutachten Umweltprobleme der Nordsee 1980, S. 336f.
  40. Ankel, Schriftenreihe, a.a.O., S. 96
  41. ders., a.a.O., S. 95f.
  42. ders., a.a.O., S. 96
  43. vgl. Werbeprospekt Lufthansa und die Bundesbahnpublikation Schöne Welt -Deutschland, fürs Wandern geschaffen, August 1989, S. 31
  44. Rolf Zundel, Universität Göttingen, in: Erfahrungen mit dem Betretungsrecht in der freien Landschaft, a.a.O.
  45. Gerd Vonderach, Welche Zukunft hat die Küste?, a.a.O.
  46. Erfahrungen mit dem Betretungsrecht, a.a.0.
  47. Sylter Nachrichten vom 25.7.1992
  48. Sylter Nachrichten vom 30.7.1992, vom 10.11.1992,  vom 9.12.1992, Fn. 39
  49. Denkschrift zum LNatSchG SH, 1992, S. 20
  50. Erich Glaser, Naturschutzrechtliche Gestaltungsaufträge an die Gemeinde, in: Natur und Recht, 1986, S.192f
  51. Fußnote nicht notiert
  52. Fußnote nicht notiert
  53. siehe Abschnitt „Alt-List wird gesucht“
  54. Körkemeier, a.a.O., S. 9
  55. H. Lux, Berichte über die Untersuchungen der NSG auf Sylt (Nord-Sylt), 1987 und 1990 (1987, S. 6)
  56. Lux, a.a.O., 1987, S. 8, 9
  57. siehe: Abschnitt „Alt-List wird gesucht“
  58. Kuhlemann, a.a.O., S. 160
  59. Lux, a.a.O., Kontrollbericht Nord-Sylt 1990
  60. ders., Kontrollbericht 1990, S. 10
  61. Körkemeier, a.a.O.
  62. Lux, Bemerkungen zu allen Sylter NSG, 1990, S. 4
  63. ders., 1987, S. 2
  64. ders., 1990, S. 4
  65. Hrsg. Rachor u.a., Warnsignale … , S.153
  66. Ragutzki, Vorsorge … (Untersuchungen am Leichtweis-Institut der Universität Göttingen, Niedersächsi­sches Landesamt für Wasserwirtschaft, Forschungsstelle Küste, Norderney)
  67. ders., Vorsorge … , a.a.O., S. 3
  68. Denkschrift LNaSchG SH, S. 3
  69. Kolodziejzok u. a., Kommentar, a.a.O.
  70. Bundesnaturschutzgesetz, § 1
  71. Positionen der Naturschutzverbände, a.a.O., S. 4, 8
  72. Positionen … , a.a.O., S.16
  73. siehe Abschnitt: ,,Alt-List wird gesucht“
  74. Sylter Rundschau vom 22.2.1992
  75. Sylter Rundschau vom 22.2.1992
  76. Sylter Rundschau vom 24.2.1992 oder 25.2.1992 Carlo Jolly, Illegales Dünen-Picknick noch Kavaliersdelikt, Sylter Rundschau vom 30. Juli 1992